Madeirawein, der einzige Wein der Welt, der bei Wärme reift

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Madeirawein ist einzige Wein der Welt, der bei Wärme reift und dadurch ein einzigartiges Aroma besitzt. Wie man auf diese Methode kam und welche Geschichte dahinter steckt, erfahrt ihr weiter unten.

Was ist Madeirawein?

Madeira Wein ist ein Likörwein, der auf der portugiesischen Insel Madeira hergestellt wird. Der Wein wird aus einer Vielzahl von Rebsorten hergestellt, darunter Sercial, Verdelho, Bual und Malvasia, die jeweils verschiedene Süßungsgrade und Geschmacksprofile aufweisen. Der Alkoholgehalt liegt je nach Sorte zwischen 17 und 22 Vol. %.

Ein Glas mit rötlich-schimmerndem Wein
Madeirawein © Siegbert Mattheis
Mehrere Flaschen
5 Jahre alte Madeiraweine © Siegbert Mattheis

Die Treibhaus-Methode

Das beispiellose Merkmal von Madeirawein ist die sogenannte Estufa-Methode (estufas sind Gewächs- oder Treibhäuser, in diesem Fall warme Lagerhäuser), bei der der Wein für einen längeren Zeitraum erhitzt wird, um ihn zu oxidieren und den Geschmack zu verbessern. Dieses Erhitzen verleiht ihm eine einzigartige karamellisierte Note und eine bernsteingelbe bis dunkelbraune Farbe.

Wie schmeckt Madeirawein?

Madeira Weine bestechen durch eine feine Karamell-Note im Unterschied zu anderen aufgespriteten Likörweinen wie Portwein, Marsala oder Sherry. Jüngere Weine haben eher eine leichte Zitrusnote, ältere weisen oft ein Vanillearoma auf oder besitzen einen Geschmack nach fruchtiger Marmelade. Da es so viele unterschiedliche Altersstufen und Rebsorten gibt, solltet ihr alle einmal durchprobieren, um euren Lieblingswein zu finden. Solche Verkostungen bieten übrigens nahezu alle Kellereien auf Madeira an. Uns schmeckte der Rainwater der alteingesessenen englischen Kellerei Blandy’s am besten, mit hellbrauner Farbe und einem leicht nussigen und pflaumigen Aroma.

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Alter Innenhof
Hof der Kellerei Blandy's in Funchal © Siegbert Mattheis
Gläser mit Madeira Wein auf Tischen
Bei der Verkostung © Siegbert Mattheis

Die wichtigsten Rebsorten des Madeiraweins

Sercial, säurebetont und trocken

Die spät reifende, weiße Rebe erzeugt die besten Weine in etwas höheren Lagen. Ein einfacher Sercial wird gerne als Mixgetränk getrunken, zum Beispiel mit einem Drittel Campari. Den besseren Sercial trinkt man aber pur, zum Beispiel als Aperitif oder auch nach dem Champagner. Typische Aromen sind: (jung) Orange, Limone, flüchtige Säure, (älter) Nuss, Terpentinnoten, alter Riesling.

Flasche mit Glas
Sercial © Siegbert Mattheis
2 Flaschen Blandy's Madeira
Sercial und Bual © Siegbert Mattheis

Verdelho, halbtrocken

Die ebenfalls weiße Rebsorte Verdelho wurde wie der Sercial ab 1570 von den Jesuiten auf Madeira eingeführt. Verdelho liegt geschmacklich ungefähr zwischen Sercial und Bual. Verdelho ist die Hauptrebsorte des populären Rainwater Madeira (den auch wir gerne trinken). Der Name entstand einer Legende zufolge, als eine Ladung Fässer an einem Strand in Georgia bei starkem Regen verdünnt wurden. Entsprechend leicht ist diese Variante des Madeiraweins. Der Geschmack des Verdelho ist runder als der des Sercial. Die Aromen tendieren mehr in Richtung Trockenfrüchte, Honig, Kaffee und Schokolade.

Bual, halbsüß

Bual ist ebenfalls eine weiße Rebsorte, obwohl die Weine daraus erstaunlich dunkel sind. Bual ist sehr aromatisch. Die besten haben eine herrliche Balance zwischen Süße und Säure. Die Aromen werden mit zunehmendem Alter immer vielfältiger: Limone, Karamell, Kaffee, Orangenschale, Aprikose, Trockenfrüchte.

Weinregale
Alte Jahrgänge, gut verschlossen © Siegbert Mattheis
Alte Flaschen von 1948 hinter Gitter
Jahrgänge von Bual © Siegbert Mattheis

Malmsey – süß und üppig

Malmsey ist die englische Bezeichnung für Malvasia, der weißen Rebsorte, die sehr süße und vermutlich die berühmtesten Madeiraweine hervorbringt. Sie war eine der ersten Rebsorten auf Madeira, importiert aus Griechenland. Schnellreifend, aber lange am Stock haltbar, wird sie in den niedrigsten Lagen der Insel angebaut. Der Wein ist im Alter eine Spur heller als Bual. Aromen: Toffee, Vanille, Marmelade, bis hin zu Hustensaft.

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Die Geschichte des Madeiraweins

Schon kurz nach der (Wieder-) Entdeckung der Inselgruppe Madeira durch die Portugiesen 1419 importierten sie neben Zuckerrohr aus Sizilien auch Weinreben aus Griechenland, vor allem die Rebsorte Malvazia aus Kreta. Denn das ganzjährig milde Klima mitten im Atlantik bot beste Bedingungen für den Weinbau. Die Hauptstadt Funchal war damals eine der letzten Stationen auf der Suche nach dem Seeweg nach Indien, und so konnten die Seeleute ihren Weinvorrat dort auffrischen.

Export nach Brasilien und England

Nach der Entdeckung der “Neuen Welt” Ende des 15. Jh. gewann Madeira immer stärker an Bedeutung für die Versorgung der Schiffsbesatzungen, vor allem auf dem Weg in die neue portugiesische Kolonie Brasilien. Aber der Madeira Wein wurde auch nach England exportiert, wo er große Beliebtheit erlangte. Schon Shakespeare ließ den trinkfreudigen “Falstaff” in seinem Ende des 16. Jh. erschienenen Werken davon schwärmen.

Engländer übernehmen den Weinhandel auf Madeira

1580 gelangte Portugal jedoch unter spanische Herrschaft, der es sich erst 1640 mit englischer Unterstützung entledigen konnte. England war damals gerade dabei, zur Großmacht aufzusteigen. 1662 heiratete der englische König Karl II. die portugiesische Prinzessin Catarina de Bragança, um die englisch-portugiesische Allianz zu besiegeln.

Den Engländern wurden so zahlreiche Vergünstigungen in Portugal eingeräumt, u.a. durften nur sie exklusiv Wein exportieren. So strömten viele englische Weinhändler Ende des 17. Jhs. nach Madeira, ebenso wie nach Porto ins dortige Weinbaugebiet entlang des Douro.

Das Geheimnis der Haltbarmachung von Wein

Auf der Suche nach einer Möglichkeit, den Wein für die langen Schiffsfahrten haltbarer zu machen, entdeckten englische Kaufleute in einem Kloster den sogenannten „Priest-Port“. Denn damals kannten nur noch Mönche das Geheimnis der Haltbarmachung von Wein. Es besteht darin, dem Wein während der Gärung Neutralalkohol hinzuzufügen, wodurch der Gärprozess gestoppt wird. So verleiht der nicht vergorene Restzucker der Trauben dem Wein aber auch seinen süßen Geschmack. Dieses Aufspriten der Weine wurde von den englischen Händlern Anfang 1700 auf Madeira übernommen.

Der Reisewein “torna viagem”

Aber auf der Insel entdeckten sie etwas später durch Zufall noch eine weitere Besonderheit. Denn als einmal ein Schiff aus Indien mit Resten der unverkauften Madeira-Weine wieder in Funchal landete, verkosteten die Händler den Wein und stellten fest, dass sein Aroma noch besser geworden war! Er hatte eine karamellisierte Note. Sie führten es auf die Schiffsbewegungen während der langen Reisen zurück und ließen ihre Weine nunmehr gezielt durch die Welt reisen, bevor sie in den Verkauf kamen. So erhielt der Wein den Namen torna viagem, Reisewein.

Entdeckung der Estufa-Methode

Erst einige Jahre später fand man heraus, dass der verfeinerte Geschmack nicht der Bewegung, sondern der Wärme in den Schiffsbäuchen geschuldet war. Also wurden die Weine nunmehr in den oberen Geschossen der Lagerhallen, den estufas aufbewahrt. Teilweise wurden nun auch solche “Treibhäuser” extra für den Wein gebaut. In der Wärme unter den Dächern konnte nun der Wein in Ruhe heranreifen.

Fässer in altem Schiffsrumpf
Weinlagerung im Schiffsbauch, wie hier auf der Santa Maria in Funchal © Siegbert Mattheis
zwei Figuren im Museum
Auch Napoleon wurde Madeirawein gereicht, als er als Gefangener ins Exil an Funchal vorbeikam) Szene im Stadtmuseum Funchal) © Siegbert Mattheis

Siegeszug der Madeiraweine

Und so begann der Siegeszug der Madeira Weine, die so zur wichtigsten Einnahmequelle der Insel wurden. Selbst Thomas Jefferson und George Washington stießen damit auf die Unabhängigkeitserklärung der USA 1776 an.

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Viel Spaß beim Verkosten der Madeiraweine! Zum Beispiel bei einer GetyourGuide*- Weintour durch Funchal.

Siegbert Mattheis

Reiseführer Madeira

Dieser Reiseführer von Dumont von Susanne Lipps mit knapp 300 Seiten hat uns in der Vorbereitung der Reise und auch vor Ort sehr geholfen.

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