Alheira, die Wurst aus Portugal, die vielen Menschen das Leben rettete

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Alheira ist eine typische portugiesische Wurst, deren Hauptzutaten Geflügelfleisch, Olivenöl, Knoblauch und Paprika – und Brot sind. Das macht sie zu einer ganz besonderen Wurstspezialität. Und dahinter steckt eine kuriose Geschichte, die eng mit der jüdischen Vergangenheit Portugals verbunden ist.

Alheira gehört zu den 7 kulinarischen Wundern Portugals

Wir hatten sie das erste Mal auf Madeira entdeckt, im kleinen, aber feinen Lokal Regiões House in einer Seitengasse in Funchal. Spontan tauften wir sie auf den Namen Löffelwurst. Denn dazu wurde uns nicht etwa Messer und Gabel, sondern ein Löffel gereicht. Und sie wurde uns mit Honig, Mandeln und Früchten serviert! Wir konnten diese Delikatesse tatsächlich mit dem Löffel genießen, so zart war sie!

"Löffelwurst" Alheira © Siegbert Mattheis

Wir erfuhren, dass die Alheira zu einer der sieben kulinarischen Wunder Portugals zählt. Und dass insbesondere die Alheira de Mirandela aus der Region Tras os Montes seit 2016 ein Produkt mit geografischer Herkunft ist.

Inzwischen wird sie wie die meisten anderer Würste auch mit Schweinefleisch hergestellt. Und üblicherweise in Portugal mit Pommes frites, Gemüse und einem Spiegelei serviert wird. Wir hatten also eine kreativere Variante, die wir auch weitaus leckerer fanden 😉

Typischerweise wird Alheira mit Pommes, Spiegelei und Gemüse serviert © Mateus, Adobe

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Wie entstand die Alheira Wurst mit Brot?

1492 vertrieben die Katholischen Könige in Spanien die Juden aus ihren Gebieten, 50 bis 60.000 von ihnen flohen nach Portugal. Viele von ihnen gelangten nach Mirandela, in die Provinz Tras os Montes (Hinter den Bergen) im Norden von Portugal. In den Verhandlungen mit den Katholischen Königen, die 1497 zur Hochzeit des portugiesischen Königs Manuel I. mit Isabella von Aragón und Kastilien führte, verlangten die Mitglieder des Hofes, dass auch Portugal seine Juden ausweisen solle. Manuel sträubte sich zunächst dagegen, denn viele Juden im Land finanzierten seinen beginnenden Indienhandel. So sollten zumindest diejenigen bleiben dürfen, die sich taufen ließen. Dennoch verließen viele der hochgebildeten und wohlhabenden Juden das Land, vor allem in Richtung Niederlande.

Verzehr von Schweinefleisch galt als Beweis für echte Konvertiten

Den ärmeren Juden, die nicht das Geld hatten, auszureisen und aber ihren Glauben weiterhin ausüben wollten, blieb nichts anderes übrig, als sich irgendwie anzupassen. Denn weiterhin praktizierende Juden wurden denunziert und liefen Gefahr, auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden. Die Beamten der Inquisition waren wie Spürhunde auf der Suche nach Juden, die das Christentum nur scheinbar angenommen hatten. Für sie war der Verzehr von Schweinefleisch, das für Juden als unkoscher galt und somit verboten war, einer der Beweise für echte Konvertiten.

So rettete die Wurst viele Leben

Um ihr Leben zu retten, beobachteten also diese – später so genannten Krypto-Juden – die katholischen Christen in ihrer Umgebung genau. In nahezu jedem Haushalt entdeckten sie Würste aus Schweinefleisch, die an der Decke hängend geräuchert wurden. So entwickelten sie Würste mit Geflügelfleisch, dem sie mittels eingeweichtem Brot die Textur von Schweinefleisch gaben und räucherten sie. Damit ließen sich die Inquisitoren, denen sie die Würste anboten, tatsächlich täuschen. Die Christen in der Umgebung fanden den Geschmack und die Textur der Alheiras so vorzüglich, dass sie anfingen, solche Würste ebenfalls herzustellen. Diesmal mit Schweinefleisch, im Glauben, dass sie die „echten“ kopieren würden.

Alheiras in einer Metzgerei © Natalia Mylova, Adobe
Alheira mit Früchten, Mandeln und Honig © Siegbert Mattheis

Warum wurde die Alheira de Mirandela so berühmt?

Der Siegeszug der Alheiras aus Mirandela begann in Porto in den 1940er Jahren. Denn die Söhne und Töchter verarmter Bauern aus den Provinzen zog es in die aufstrebenden Industriestädte wie Porto und Lissabon. Die Eltern der Jugendlichen, die dort auf der Suche nach Arbeit waren, schickten ihren Kindern regelmäßig Lebensmittelpakete, in denen die Alheira-Wurst nicht fehlen durfte. Mirandela war damals die letzte Station der Eisenbahnverbindung nach Porto. Der Stempel des Ortes führte dazu, dass auf den Bahnsteigen beim Verteilen ausgerufen wurde, „hier ist ein Paket Alheiras aus Mirandela für Maria José“ oder „von Alheira aus Mirandela für Manuel“. Unter denjenigen, mit denen die Beschenkten die Wurst teilten, gelangte die Alheira aus Mirandela zu Ruhm und wurde so bald in ganz Portugal als Delikatesse geschätzt.

Mehr darüber könnt ihr euch auch in der arte-Mediathek ansehen (woher wir auch einige der Infos über die Wurst haben).

Alheira-Wurst könnt ihr z.B. online bei SaborPortugalBrasil bestellen.

Siegbert Mattheis

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