Villa Malaparte (oder auch Casa Malaparte) auf Capri

5/5 (18)

Die Villa Malaparte ist einzigartig, eigenwillig und exzentrisch in ihrer Form, sicherlich auch keine typisch mediterrane Villa, aber sie hat mich vom ersten Augenblick an in den Bann gezogen. Sicherlich lag es auch Godards Film von 1963, Le Mépris (Die Verachtung) und bestimmt auch an der Geschichte mit Brigitte Bardot und Michel Piccoli, der damals seine erste Hauptrolle spielte. Fritz Lang spielt darin übrigens sich selbst.

Ich hatte den Film in den 80ern das erste Mal gesehen, als Fan der Nouvelle Vague verschlang ich alles von Truffaut, Godard, Chabrol und den anderen aus dem Kreis der Cahiers du cinéma.

Die rote Villa Malaparte einem hohen Felsen mit grünen Pinien
Die Villa Malaparte auf Capo Masullo © Siegbert Mattheis

Normalerweise habe ich nicht viel für Mystik übrig, aber dieses Haus hat etwas Magisches. Damals dachte ich, es wäre nur eine Filmkulisse irgendwo in den Cinecittà-Studios in Rom. Mehr darüber zu erfahren, war damals ohne Internet mit hohem Aufwand verbunden. So vergaß ich die Villa.

Bis wir eines Tages von Amalfi nach Capri mit dem Boot unterwegs waren und die Faraglioni-Felsen ansteuerten. Plötzlich entdecke ich das Haus auf einem Felsen. Unverkennbar in seiner extravaganten Form, dem ochsenblutroten, leuchtenden Anstrich und dem wie willkürlich oben auf der riesigen Dachterrasse platzierten weißen „Segel“.

Brigitte Bardot auf der Terrasse der Villa Malaparte. Szene aus dem Film "Le Mépris" © Cocinor
Brigitte Bardot auf der Terrasse der Villa Malaparte. Szene aus dem Film "Le Mépris" © Cocinor
Villa Malaparte, im Hintergrund die Amalfiküste © Wikipedia
Villa Malaparte, im Hintergrund die Amalfiküste © Wikipedia

Wer war Malaparte?

Danach begann ich zu recherchieren und den Erbauer des Hauses, Curzio Malaparte zu entdecken.

Malaparte (1898-1957), eigentlich Kurt Erich Suckert – sein Vater kam aus Sachsen – war ein exzentrischer italienischer Schriftsteller, Journalist und Diplomat. Sein Pseudonym Malaparte (ital. schlechter Teil) legte er sich bereits 1925 in Anspielung auf Napoleon Bonaparte zu. Er ist nicht unumstritten, da er anfangs mit den Faschisten sympathisierte und später auch enge Kontakte zu Mussolinis Familie hatte. Der Duce selbst verbannte ihn jedoch schon 1933 nach Lipari wegen kritischer Äußerungen und antifaschistischer Propaganda. 1943 wurde er Verbindungsoffizier der Amerikaner, wandte sich später dem Kommunismus zu, ohne sich ideologisch festzulegen und konvertierte kurz vor seinem Tod 1957 zum Katholizismus.

Malaparte war durch seine Schriftstellerei und seiner Tätigkeit als Auslandskorrespondent für den Corriere della Sera, der größten Tageszeitung Italiens, einigermaßen zu Geld gekommen.

1937 kaufte er das Grundstück auf Capri durch seine Beziehungen zu Mussolinis Schwiegersohn sehr günstig, obwohl auf dem abgelegenen Capo Massullo eigentlich nicht gebaut werden durfte. Er ließ den Architekten Libera, der für seine futuristischen und modernistischen Bauten im faschistischen Italien bekannt war, einen Entwurf fertigen. In den Jahren 1938 bis 1942 baute Malaparte jedoch seine Villa mit Hilfe eines ortsansässigen Baumeisters immer wieder nach seinen eigenen Vorstellungen um, ein Haus wie ich, wie er sagte, traurig, hart und streng, „una casa come me: triste, dura, severa“.

Curzio Malaparte in der Verbannung auf Lipari im März 1934 © Wikipedia
Curzio Malaparte in der Verbannung auf Lipari im März 1934 © Wikipedia
Die gigantische Freitreppe, Ausschnitt aus dem Film "Le Mépris" © Cocinor
Die gigantische Freitreppe, Ausschnitt aus dem Film "Le Mépris" © Cocinor
Villa Malaparte 1963 im Film "Le Mépris" von Jean-Luc Godard © Cocinor
Villa Malaparte 1963 im Film "Le Mépris" von Jean-Luc Godard © Cocinor
Villa Malaparte innen, Ausschnitt aus dem Film "Die Haut" von 1981 © Liliana Cavani
Villa Malaparte innen, Ausschnitt aus dem Film "Die Haut" von 1981 © Liliana Cavani
Casa Malaparte von Westen aus gesehen © Siegbert Mattheis
Casa Malaparte von Westen aus gesehen © Siegbert Mattheis

Villa Malaparte

Die Villa, „Ferro da stiro“, Bügeleisen, wie sie im Volksmund auch genannt wird, ist etwa 154 m lang und ca. 30 m breit. Sie fasziniert außen durch eine die ganze Breite des Hauses einnehmende Freitreppe ohne Geländer, die zur riesigen Dachterrasse, ebenfalls ohne Geländer führt. Dort oben ließ Malaparte eine geschwungene weiße Wand errichten, die wie ein Segel wirkt und als Sichtschutz gegen neugierige Blicke von oben von der Steilküste gedacht war.
Das Innere ist geprägt von großzügigen Räumen mit hohen Decken, einem gigantischen Kamin und einer an die Wand gebauten Treppe zu den oberen Zimmern, die an mittelalterliche Burgen erinnert. Asymmetrisch angeordnete, teilweise überdimensionale Fenster erlauben spektakuläre Blicke auf die Felsen und das weite Meer.

Gäste auf der Casa Malaparte waren u.a. Jean Cocteau, Alberto Moravia, Albert Camus und auch Erwin Rommel, allerdings uneingeladen.

Malaparte schrieb hier auf Capri in der Villa seine weltberühmten Antikriegs-Romane “Kaputt” (1944) und “La Pelle” (“Die Haut”, 1949). In dem bedrückenden Roman “Die Haut”, die vorwiegend von Kriegserlebnissen nach der Befreiung Neapels durch die Amerikaner 1944 handelt, beschreibt er u.a. sehr zutreffend das Leben in Neapel und die Mentalität der Neapolitaner. So versichert es mir Giacomo aus Furore an der Amalfiküste, selbst gebürtiger Neapolitaner, und empfiehlt mir das Buch wärmstens, sollte ich mich für die Neapolitaner interessieren. Ich habe es mir sofort bestellt und kann es wirklich weiterempfehlen.

Die Villa Malaparte von Osten aus © Siegbert Mattheis
Die Villa Malaparte von Osten aus © Siegbert Mattheis
Casa Malaparte von der Steilküste aus gesehen © Wikipedia
Casa Malaparte von der Steilküste aus gesehen © Wikipedia

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1957, nach dem Krebstod von Curzio Malaparte verkam die Villa, bis sie in den 80er und 90er Jahren restauriert wurde. Viele Möbelstücke und auch die Marmorbadewanne im Zimmer, das er für seine Geliebte reservierte – mit extra Zimmer für deren Zofe – sind noch original vorhanden, auch weil sie zu groß sind, um sie zu entfernen.

Derzeit wird die Villa Malaparte von einer Stiftung verwaltet und von dem Kunsthistoriker Ralph Jentsch bewohnt, dem Nachlassverwalter von George Grosz und Herausgeber einer Neuauflage von Malapartes Werken.

Von Capri Stadt aus ist es ein etwa eineinhalbstündiger Fußweg zur Villa, bis man an das private Gelände stößt. Man kann die Villa am besten aus der Vogelperspektive betrachten, wenn man vom Arco Naturale in Richtung Tragara-Kap am Meer entlang spazieren geht, oder vom höchsten Aussichtspunkt im Parco Astarita.

Vom Boot aus ist die Casa Malaparte nur bei ruhiger See zu erreichen, da es keinen Bootssteg gibt. Öffentlich besichtigen kann man sie ohnehin nicht, sie ist nur zu architektonischen Studien oder kulturellen Events mit Einladung zugänglich.

Malaparte hat mit seiner Villa ein Denkmal geschaffen, das sogar in die Architekturgeschichte eingegangen ist. Laut New York Times Magazine ist die Villa Malaparte „das schönste Haus der Welt.“

Auf Youtube haben wir eine tolle 3D-Animation gefunden, mit der man durch die Villa gleitet.

Da die Villa aber nicht live von innen zu besichtigen ist, kann man sie nur sehen und erleben, indem man sich den Film Le Mépris von Godard ansieht oder auch die sehenswerte Verfilmung des Romans “Die Haut” (mit Marcello Mastroianni und Burt Lancaster) oder einen der Bildbände bestellt, u.a. von Karl Lagerfeld oder Michael McDonough.

Siegbert Mattheis

Plan der Villa Malaparte © Wikipedia
Grundriss der Villa Malaparte © Wikipedia
Plan der Villa Malaparte © Wikipedia
Plan der Villa Malaparte © Wikipedia
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