Fayence ist eine spezielle Art der glasierten Keramik und hat eine lange Geschichte, aber einen wundersamen Weg hinter sich, bis diese Technik zu uns kam. Fayence ist gelblich-grauer oder rötlich bis bräunlicher Ton, der mit weißer Zinnoxidglasur gebrannt wird. Es wird auch als Halbporzellan bezeichnet.
Porzellan aus China war das Vorbild
Echtes, weiß-glänzendes feines Porzellan wurde im 15. Jhdt., zuvor in Europa völlig unbekannt, aus China importiert und war heißbegehrt. Es konnte jedoch lange Zeit in Europa nicht hergestellt werden, da es das dafür notwendige Mineral Kaolin nicht gab. Erst im Jahre 1709 fand man bei Meißen die ersten Kaolinvorkommen. So versuchten viele Keramikbetriebe, dieses weiße, glänzende Material nachzuahmen. Das gelang teilweise durch die Technik der Fayence-Herstellung.
Wie wird Fayence hergestellt?
Um die natürliche Farbe des Tons abzudecken und dem strahlenden Weiß des Porzellans nahezukommen und um einen geeigneten Malgrund zu schaffen und die Oberfläche undurchlässig und schmutzunempfindlich zu machen, wird eine Glasur aufgebracht.
Dazu wird die geformte und getrocknete Ware bei etwa 800 bis 900 °C einem ersten Ofendurchgang, dem Schrühbrand, ausgesetzt. Auf den dann noch porösen Ton wird durch Eintauchen oder Begießen ein wässriger Glasurbrei aus Zinnoxid aufgetragen. Anschließend werden die Produkte eingefärbt oder bemalt und ein zweites Mal bei etwa 1100 °C aufgeschmolzen. Dadurch entsteht ein glänzend weißer Überzug und kräftig leuchtende Farben.
Die Geschichte der Fayence-Keramik
Echte Fayence mit Zinnglasur wurde bereits 500 v. Chr. in Mesopotamien und Persien hergestellt. Im 9. Jahrhundert n. Chr. wurde sie für Gefäßkeramik verwendet und verbreitete sich über Persien in die islamischen Regionen Nordafrikas und mit der Eroberung der iberischen Halbinsel durch die Araber um 800 n. Chr. ins heutige Spanien und Portugal.
Das maurische Spanien exportierte im 14. und 15. Jahrhundert andalusische Keramik, Gefäße, Kacheln und Fliesen über Mallorca ins damals prosperierende Italien, vor allem nach Florenz. In Faenza, nicht weit von Florenz, wurde diese Keramiktechnik dank der dort reichhaltigen Lehm- und Tonvorkommen weiterentwickelt. In Faenza wurde diese Keramik Majolika genannt, nach Mallorca als Herkunftsort, auch heute noch. In Faenza entstand ein stilistischer Umschwung von den flächenfüllenden Majolikadekoren hin zu weißen, sparsam bemalten Keramiken, die denen aus China ähneln sollten.
Frankreich unter Ludwig XIV. importierte diese Keramik und holte sich Handwerker und Künstler aus Italien, um diese Technik im eigenen Land zu etablieren. So kam der Name Fayence (ausgesprochen Fajohs, mit offenem o) zustande, als Bezeichnung für Keramik aus Faenza.
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bildeten die französischen Manufakturen (vor allem Nevers, Rouen, Marseille, Lunéville und Moustiers) spezifische Eigenarten aus.
Gerade in Marseille in der Provence entstanden namhafte Hersteller von Fayencen, wie die Faïencerien Héraud-Leroy, Antoine Clérissy, Joseph Fauchier, Veuve Perrin u.v.a., die jedoch alle nach der Französischen Revolution schließen mussten.
Auch in den Niederlanden, das als Seefahrernation im 17. Jhdt. zu einer der größten Handelsmacht emporstieg, konnten sich reiche Reeder die teuren Fayencen leisten und wünschten sich figürliche Motive. So entstanden die inzwischen weltberühmten blau-weißen Delfter Kacheln, die dann sogar auch wieder nach Portugal exportiert wurden. In das Land, aus dem ein großer Teil der Keramikkunst in Europa ursprünglich stammte. Dort sind sie als Azulejos bekannt und die holländische Malerei auf den Fliesen gab den Azulejos neuen Aufschwung.
Fayence hat übrigens nichts mit dem gleichnamigen Ort in der Region Var in der Provence zu tun, der französische Name schreibt sich Faïence.
Siegbert Mattheis