Louis-Treize, Louis-Quatorze, Louis-Quinze, Louis-Seize, Empire-Stil erkennen

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Französische Möbelstile, die Unterschiede: So erkennen Sie sofort ein Möbelstück aus den verschiedenen Epochen des französischen Möbelstils, ob Louis-Seize oder Empire-Stil. Wenn man die wichtigsten Merkmale kennt, ist es ganz einfach:

Selbst ausgesprochene Kenner der Möbelstile werden Ihnen nie auf Anhieb den exakten Stil von Möbeln verraten können, ohne Jahreszahlen der Herstellung oder weitere Hintergrundinformationen zu haben, denn die Übergänge aller Stile sind fließend.

Dennoch gibt es klare Anhaltspunkte, welchem Stil bestimmte Elemente zuzuordnen sind.

Generell lässt sich sagen, dass sich die Formensprache von 1600 bis 1820 vom üppig geschwungenen Barock z.B. unter dem Sonnenkönig Ludwig 14. hin zu geraden, strengeren Linien unter Napoleon veränderte.

1. Louis Treize-Stil (ca. 1600 bis 1660)

Tisch und Sessel
Louis-Treize-Stil: gedrechselte Beine ... © Wikipedia
Sessel mit hoher Rückenlehne und Schrank
... und Applikationen © Wikipedia

Merkmale Louis-Treize-Stil

benannt nach König Ludwig XIII, (ausgespr. etwa Lui träs):

(Stichworte Spätrenaissance, Manierismus) Das Hauptmerkmal sind gedrechselte hölzerne Beine und Lehnen, mittelalterlich anmutend. Der Louis-Treize-Stil ist jedoch auch von zwei Extremen gekennzeichnet, deren Ausprägungen nebeneinander existierten: dem ausgesprochen Einfachen und dem stark Überladenen.

2. Louis Quatorze-Stil (ca. 1660 bis 1730)

Zeichnung Füße, Sessel
Louis-Quatorze-Stil: geschwungen Beine und Armlehnen ... © Wikipedia
2 verzierte Sessel
... und opulente Verzierungen © Wikipedia, Siegbert Mattheis

Merkmale Louis-Quatorze-Stil

benannt nach König Ludwig XIV, (ausgespr. etwa Lui kators), ab ca. 1660:

(Stichwort Barock) Der Stil des Sonnenkönigs, klassizistischer Barock. Hauptkennzeichen des Barock sind Symmetrie, leuchtende Farben, ausladende, wuchernde Formen, kostbare Materialien wie Gold, Silber, Edelsteine wie auch Elfenbein, Ebenholz oder stark gemasertes, langlebiges Schlangenholz von Maulbeerbäumen. Viele Möbelstücke sind durch Einlegetechnik mit Messing und Schildpatt gekennzeichnet.

Louis Quatorze Stil
Ensemble im Louis Quatorze Stil im Palais Lascaris in Nizza © Siegbert Mattheis

3. Louis Quinze-Stil (ca. 1730 bis 1760)

Kommode und Sessel
Louis-Quinze-Stil: florale und Rocaille-Muster ... © Wikipedia
Armlehne und verzierter Sessel
... und zurückgenommene Armlehnen © Wikipedia

Merkmale Louis-Quinze-Stil

benannt nach König Ludwig XV, (ausgespr. etwa Lui kaas), ab ca. 1730

(Stichwort Rokoko) Nach dem überbordenden und strengen Barock wurden die Formen leichter und verspielter, die symmetrischen Linien wichen der Asymmetrie. Anstelle von farbigen, schwer anmutenden Marmorflächen traten nun helle Wandflächen in den Vordergrund. Typisch für das Louis-Quinze ist die Verwendung von filigranem vergoldeten Rankenwerk. Der Name Rokoko entstammt dem französischen Wort Rocaille (eine Zusammensetzung aus roc für Felsen oder Stein und coquille für Muschel) und bezeichnet ein immer wieder auftretendes Ornamentmotiv. Damit sich Frauen mit den großen Reifröcken hinsetzen konnten, mussten zwangsläufig die Armlehnen etwas kürzer gehalten werden. Die Sitzmöbel hatten fast immer geschweifte Füße. Sie zeigen häufig Schnitzereien oder Metallapplikationen in Form von Pflanzen, Tierfüßen oder Rocaille-Motiven. In diesem Zeitraum wurde auch erstmalig auch die Chaiselongue (franz. langer Stuhl) gefertigt, die einen Sessel mit seiner Fußbank zu einem Möbelstück verbindet.

Auch die Bergère wurde entwickelt, ein sehr breiter, bequemer Polstersessel mit hoher Rückenlehne.

Der Kunsttischler Thomas Chippendale aus England holte sich in Frankreich ab 1768 viele Anregungen für seinen Chippendale-Stil.

4. Louis Seize-Stil (ca. 1760 bis 1800)

Kommode und Sessel
Louis-Seize-Stil: geradere, kannelierte Beine ... © Wikipedia
2 Sessel
... und höhere Armlehnen © Wikipedia

Merkmale Louis-Seize-Stil

benannt nach König Ludwig XVI, (ausgespr. etwa Lui sääs), ab ca. 1760:

Unter Louis-Seize wurden die organischen Rocaille-Formen abgelöst durch strengere geometrische Formen sowie dezent-naturalistische Applikationen aus Flora und Fauna. Zum anderen ist bereits der Einfluss des Klassizismus spürbar, mit Mäandermotiven, Girlanden, Medaillons oder Trophäenschmuck.

Die Möbel sind aus Harthölzern ausgeführt, manchmal aus Mahagoni, und haben Edelholzfurniere oder Intarsienarbeiten.

Der Grundriss der Schrankmöbel und Sekretäre ist meist rechteckig mit angeschrägten Ecken. Die dort auf- oder angesetzten Beine sind typischerweise gerade und besitzen einen runden Querschnitt. Verspielte oder organische Abschlüsse und Ecken sind in der Regel nicht zu finden,

An Sitzmöbeltypen wurde u.a. die Voyeuse entwickelt, auf die man sich rittlings setzte, also mit dem Bauch zur Lehne, die mit breiterer Aufstützfläche für die Ellbogen ausgestattet war. So konnte man sich gegenüber sitzen und Konversation halten oder auch Spielern am Spieltisch über die Schulter sehen.

Ein ganz eigener Möbeltyp ist der sogenannte Louis-seize-Stuhl. Bei ihm sind die Beine kanneliert, also mit Auskehlungen versehen.

Schwedenkönig Gustav III. war begeistert vom Louis-Seize-Stil und importierte ihn Ende des 18.Jhdts. nach Skandinavien. Nach ihm ist der Gustavianische Stil benannt, der im Prinzip dem Louis-Seize-Stil entspricht, aber in helleren Farben gehalten ist, vorwiegend in Weiß.

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5. Empire-Stil (ca. 1800 bis 1830)

Kommode mit goldenen Sonnen beschlagen
Empire-Stil: griechisch-römisch-ägyptische Symbole © Wikipedia
Bett und Tisch
Schlafzimmer von Josephine, Ehefrau von Napoleon © Wikipedia

Merkmale Empire-Stil

Der Stil ist benannt nach Napoleons Kaiserreich (Empire: ausgespr. etwa Ohmpir), von ca. 1804 – 1820; er fällt gleichzeitig in die Stilrichtung des Klassizismus.

Durch Napoleons Feldzüge u.a. nach Ägypten kamen griechische, ägyptische und römische Motive und Anleihen in Mode.

Der Empire-Stil hatte vor allem Repräsentation und Dekoration zum Ziel.
Geradlinigkeit, Strenge und Feierlichkeit sollten Größe und Macht veranschaulichen.

Das Hauptmerkmal bei Möbeln sind kannelierte Beine mit feuervergoldeten Beschlägen wie z.B. Löwenfüßen. Als Material wurden Mahagoni, Ebenholz und Zeder bevorzugt.

Links ein Klaviermöbel im Empire-Stil, rechts ein Sessel im Louis Seize-Stil @ Siegbert Mattheis
Links ein Klaviermöbel im Empire-Stil, rechts ein Sessel im Louis Seize-Stil
Unterschied Louis-Quinze und Empire A
Hier sehen Sie den Unterschied zwischen einem Louis-Quinze Sessel und einem Empire-Sideboard @ Siegbert Mattheis

Nach der Französischen Revolution waren übrigens in der Mode eng geschnürte Mieder und Reifröcke verpönt, was den Frauen des Empire-Hofes viel Bewegungsfreiheit verschaffte. Der antike römische Einfluss zeigte sich in unter der Brust geschnürten, bodenlangen weißen Kleider in schmalen Plissee-Falten. Frauen durften nun auch ihre anziehenden Dekolletés zeigen, die oft mit vielen Verzierungen gestaltet waren.

Siegbert Mattheis

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