Geschirr und Vasen aus Porzellan sind heute für uns selbstverständlich, sie finden sich in nahezu jedem Haushalt. Gerne lassen wir es auch auf Hochzeiten laut scheppernd zerschlagen, damit es den Brautleuten Glück bringen soll. Aber das “Weiße Gold”, wie es auch genannt wurde, war lange Zeit ein Privileg der Superreichen. Denn die Herstellung barg ein sorgfältig von den Chinesen gehütetes Geheimnis, das weder die Venezianer, Florentiner, Franzosen, Spanier, Portugiesen noch die Holländer über 1.000 Jahre lang nicht lösen konnten, so fieberhaft sie sich auch bemühten. Und so mussten sie Porzellan über Jahrhunderte teuer importieren.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Porzellan?
- Woher stammt Porzellan?
- Woher stammt der Name Porzellan?
- Was sind Ming-Vasen?
- Porzellan aus China war extrem teuer
- Unterschied zu Fayence oder Majolika
- Erfindung von Weichporzellan 1575
- Porzellan über den Seeweg
- Delfter Keramik
- Erste Porzellanherstellung in Meißen
- Was ist das Geheimnis von Porzellan?
Was ist Porzellan?
Es ist das edelste unter den klassischen keramischen Materialien. Es ist von unglaublich reiner Weiße, hochglänzend und beinahe transparent, sehr hart und kann extrem dünn gefertigt werden. Es unterscheidet sich dadurch von allen anderen Keramiken.
Woher stammt Porzellan?
Die Kunst der Herstellung wurde in China bereits zu Zeiten der Tang-Dynastie im 7. Jh. entdeckt, wo es sich allmählich aus dem Steinzeug entwickelte. Aber erst vor etwa 300 Jahren gelang es Europäern, das Rätsel des Porzellans in Europa zu lüften.
In den Aufzeichnungen eines arabischen Reisenden des 8. oder 9. Jahrhunderts berichtete dieser von einer sehr feinen Tonerde. In China würde man daraus Vasen fertigen, die so durchsichtig wie Glas seien.
Im Jahr 1295 brachte Marco Polo, als er von seiner langen Chinareise nach Venedig zurückkehrte, einige Stücke Porzellan mit. Und erzählte in seinen Reiseberichten begeistert von dem weißen, edlen Material, das die Chinesen als Tafelgeschirr nutzten.
Woher stammt der Name Porzellan?
Die Venezianer waren verblüfft, so etwas hatte man in Europa noch nie gesehen. Sie nahmen zunächst an, dass es aus den zerstampften, glänzenden Gehäusen der Kaurischnecken stammte.
Im Italienischen werden diese als porcellana bezeichnet. Und so war der europäische Ausdruck Porzellan für dieses neuartige Material geboren. Im Englischen hält sich neben porcelain auch der Name china oder chinaware als Bezeichnung.
Nun begannen daneben die europäischen Königshäuser, sich dafür zu interessieren. Denn Porzellan hatte neben den besonderen äußerlichen Eigenschaften den Vorteil, dass Lebensmittel keine Spuren hinterließen, wie z. B. auf Silber oder Gold. Denn bisher speisten die Adligen von silbernen oder goldenen Tellern, die normale Bevölkerung musste sich mit Geschirr aus Ton oder Blech begnügen. So begann in den folgenden Jahrhunderten ein regelrechter Boom auf Porzellan aus China über die Seidenstraße, auch beflügelt durch die Ming-Vasen.
Was sind Ming-Vasen?
1368 errang die Ming-Dynastie die Herrschaft in China und die sogenannte Ming-Vase, hochweiß glänzend und mit blauen Motiven bemalt, wurde zum Sinnbild für chinesisches Porzellan. Denn unter der Ming-Dynastie erfuhr es einen Qualitätsschub. Die Glasuren, das Dekor und die Malerei verfeinerten sich. Motive mit Drachen, Fischen und Pflanzen zierten die Porzellanteile. Kobaltblau, das die Chinesen aus Mesopotamien, dem heutigen Irak, importierten, kam als Farbvariante hinzu. Bis heute sind Vasen und andere Porzellangegenstände aus dieser Zeit sehr begehrt und besitzen einen hohen Sammlerwert. Kürzlich wurde sogar eine Original-Vase aus dem 14. Jh. für 21 Millionen Dollar versteigert!
Porzellan aus China war extrem teuer
Die Preise waren allerdings durch die langen und gefährlichen Transportwege und die vielen Zwischenhändler astronomisch hoch, nur Kaiser und Könige konnten sich das Porzellan leisten. Und die Chinesen hüteten das Geheimnis der Porzellanherstellung sorgfältigst, ließ sich doch damit enorm viel Geld mit den Europäern verdienen.
So versuchte man hierzulande fieberhaft, Porzellan selbst herzustellen. Die ersten Versuche machten die Venezianer gegen Ende des 15. Jh. Allerdings ohne Erfolg.
Unterschied zu Fayence oder Majolika
Zuvor entdeckte man jedoch im maurischen Spanien und Portugal die andalusische Keramik, die mit ihrer Glasur und ihren Farben dem echten chinesischen Porzellan zumindest nahekam. Anfang 1400 gelangte Florenz unter der Herrschaft der Medici zu einer der wohlhabendsten Städte in Europa. So importierten die Florentiner über das damals noch maurische Mallorca diese Keramik, die sie nach deren Herkunft Majolika nannten. Anfang 1500 entdeckte man in Faenza nahe Florenz große Tonvorkommen. So konnte die Keramik nun auch dort hergestellt und mit dem erlangten Wissen über die Glasurtechniken erstaunlich glänzendes, bemaltes Geschirr gefertigt werden. Ludwig XIV. aus Frankreich importierte dieses Steingut Ende des 17. Jh. und holte sich Handwerker und Künstler aus Italien, um diese Technik im auch eigenen Land zu etablieren. Nach dem Ursprungsort Faenza wurde die Keramik nun Fayence genannt.
Erfindung von Weichporzellan 1575
Dennoch hatten die Anstrengungen, echtes Porzellan herstellen zu können, nicht nachgelassen. Viele glaubten, dass die Durchsichtigkeit des chinesischen Porzellans erreicht werden könnte, wenn man der Tonmasse reichlich gemahlenes Glas hinzufügte. So entstand tatsächlich in Florenz von 1575 bis 1587 im Auftrag von Francesco I. de Medici sog. Weichporzellan. Davon sind heute nur noch etwa 60 bis 70 Exemplare erhalten, die sich fast alle in verschiedenen Museumssammlungen in aller Welt befinden.
Porzellan über den Seeweg
Ab 1498, nach der Entdeckung des Seewegs nach Indien und China durch den portugiesischen Seefahrer Vasca da Gama, gelangte chinesisches Porzellan zusammen mit anderen wertvollen Waren wie Seide, Baumwollstoffe und Gewürze nun über Schiffe nach Europa. Der Handel über die Seidenstraße kam praktisch zum Erliegen, denn über den Seeweg konnte mehr und günstiger transportiert werden. Das lockte auch andere europäische Seemächte wie Spanien, England, Frankreich und die Niederlande, an diesem lukrativen Geschäft teilzuhaben. In der Folgezeit lieferten sich diese Mächte blutige Gefechte um die Vorherrschaft im Seehandel. 1602 gründeten die Holländer die Niederländische Ostindien-Kompanie VOC und bald darauf gelang es ihnen, ein portugiesisches Handelsschiff zu kapern. Zu dessen Ladung gehörten auch 100.000 Stücke Porzellan aus China. Dieses wurde auf einer Auktion in Amsterdam an den europäischen Hochadel und wohlhabende Bürger versteigert. Danach stieg die Nachfrage nach chinesischem Porzellan sprunghaft an. Wer etwas auf sich hielt, sammelte die teure Ware und stellte es in eigens eingerichteten Porzellankabinetten zur Schau. China kam in Mode.
Delfter Keramik
Sofort begann man jetzt auch in den Niederlanden eifrig, diese exotisch anmutenden Vorbilder zu imitieren. Es gelang zuerst in der Stadt Delft, einen Ersatz aus weiß ausbrennender, zinnlasierter Tonware zu erfinden, die dem Erscheinungsbild von Porzellan sehr nahekam, die Delfter Keramik. In Frankreich, besonders in Rouen und Sèvres, gab es ab 1640 ähnliche Bestrebungen. Auch dort wurde eine Art Weichporzellan geschaffen, das als akzeptabler Ersatz für das harte chinesische Porzellan galt.
Aber noch immer wusste niemand, wie die Chinesen dieses einzigartige Material herstellen konnten.
Erst als der französische Jesuitenpfarrer Entrecolles, der Ende des 17. Jh. in China tätig war, heimlich herumspionierte (aus reiner Neugier, wie er schrieb, aber auch, damit es für Europa nützlich wäre), erkannte er die Bedeutung des weißen Gesteins Kaolin. 1712 schmuggelte er einen Brief nach Frankreich mit der genauen Anleitung zur Herstellung.
Erste Porzellanherstellung in Meißen
Aber da hatten einige Jahre davor schon die Sachsen unter dem König August dem Starken, einer der schillerndsten Figuren höfischer Prachtentfaltung, das Geheimnis bereits entschlüsselt. Denn der luxusversessene Monarch hatte zuvor den Alchimisten Johann Friedrich Böttger damit beauftragt, echtes Gold herstellen, denn dieser hatte behauptet, er sei dazu in der Lage. Dazu sperrte ihn August der Starke unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen in die Albrechtsburg in Meißen ein. Böttger gelang es jedoch niemals, echtes Gold herzustellen. So überredete ihn sein Vorgesetzter, Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, an Experimenten zur Herstellung von Porzellan teilzunehmen, bevor der König seine Geduld verlor. Zusammen mit ihm, dem Bergbaubeamten Gottfried Pabst von Ohain und Freiberger Berg- und Hüttenleuten erforschte er systematisch verschiedene Rezepturen, u.a. mit Kaolin, das zufälligerweise zuvor im Erzgebirge entdeckt worden war.
Und am 15. Januar 1708 gelang es ihnen schließlich tatsächlich, die chemische Rezeptur zu knacken!
Tschirnhaus starb jedoch bereits im darauffolgenden Jahr. So wurde Böttger daraufhin alleiniger Leiter der Forschung und der Porzellan-Manufaktur, die 1710 ihre Arbeit in der Albrechtsburg in Meißen aufnahm.
Was ist das Geheimnis von Porzellan?
Denn das Geheimnis der Porzellanherstellung liegt in der Verwendung eines großen Anteils an Kaolin, sowie Feldspat und Quarz und hohen Brenntemperaturen bis zu 1.500 Grad. Kaolin kann aufgrund seiner „Blättchen“- oder „buch“artigen Struktur relativ große Mengen von Wasser aufnehmen und verleiht der Tonmasse ihre Formbarkeit und Feuerfestigkeit. Das Wort Kaolin wird von dem chinesischen Ortsnamen Gaoling im Nordwesten Chinas abgeleitet. Dort wurde die „weiße Erde“ als Erstes entdeckt.
Aber die Meißener konnten nun ihr Geheimnis auch nicht lange hüten, ein ehemaliger Mitarbeiter verriet es einige Jahre darauf. Gleichzeitig beflügelte der Brief von Entrecolles die Franzosen, überall nach den seltenen Kaolinvorkommen zu suchen und so entstanden später in vielen Orten Europas weitere Porzellanmanufakturen.
Meißen entwickelte sich dennoch zu einem der wichtigsten Zentren der Porzellanherstellung. Denn aus diesem feinen Material ließ sich alles Mögliche herstellen. Neben Geschirr auch Figuren, Gefäße für Apotheker, Badarmaturen, Kachelöfen und sogar Uhren.
So gehört das weiße Gold zwar noch immer zur teuersten Keramik, ist aber inzwischen für uns alle erschwinglich geworden. Selbst zum Zerschlagen.
Siegbert Mattheis