Terracotta (oder eingedeutscht Terrakotta) bringt man gemeinhin mit Italien, insbesondere der Toskana in Verbindung. Das hat auch seinen Grund, denn die beste und bekannteste Terracotta („gebackene, gekochte, gebrannte Erde“, so die Übersetzung) kommt aus der Gegend südlich von Florenz, vor allem aus der Kleinstadt Impruneta.
Was ist Terracotta?
Mineralische, gebrannte Tonerde ist einer der ältesten Werkstoffe der Kulturgeschichte. Das Material findet sich in allen Ländern in großen Mengen. Zerkleinert und mit Wasser vermischt lässt es sich leicht bearbeiten und formen und wurde daher schon in der Antike weit verbreitet als Material für Gebäude, Wasserleitungen, Gefäße oder Figuren verwendet. Denn die Erde musste nur ein einziges Mal bei relativ niedrigen Temperaturen zwischen 600 und 1.100 Grad gebrannt werden.
So entstanden bereits seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. an vielen Orten im Mittelmeerraum leistungsfähige Werkstätten für Fliesen, (Dach-) Ziegel, Antefixe (Stirnziegel), Skulpturen oder Gebrauchsgegenstände wie Vasen, Geschirr oder Amphoren.
Nach dem Brennen ist Terracotta zwar sehr fest und relativ stabil, aber durch seine poröse Struktur nicht wasserfest. Daher wurden z. B. Wasserleitungsrohre glasiert, für andere Verwendungen wurde Terracotta auch geschliffen oder poliert.
Terracotta-Fliesen sind in naturbelassenem Zustand atmungsaktiv, regulieren die Raumluftfeuchtigkeit auf natürliche Weise und sind fußwarm. Durch die poröse Oberfläche dämpfen sie zudem den Schall in Räumen.
Was macht Impruneta-Terracotta so besonders?
Das wollten wir herausfinden und haben uns in der Region umgesehen und Fachleute befragt, u.a. Massimo Carbone, einen Hersteller von Impruneta-Terracotta in der Nähe von Impruneta.
Vor Jahrmillionen schlug wohl ein Meteorit in der Gegend um Impruneta ein. Durch diesen Einschlag erfuhren die dortigen Schiefertone eine chemisch-physikalische Metamorphose mit einem hohen Anteil an Mineralien wie Aluminium-, Kupfer- und Eisenoxiden.
Dadurch ist dieses Material aus Impruneta besonders wasserfest und widerstandsfähig gegen Frost (im Gegensatz z.B. zu Siena-Terracotta), erzählt uns Massimo. Allerdings sei der Abbau des Rohmaterials aufwändiger und mache es so deutlich teurer. Impruneta-Terracotta (oder kurz Impruneta oder „echter Cotto” genannt) werde auch bei einer etwas höheren Temperatur gebrannt.
Im rohen Zustand mit Wasser gemischt ist diese eisenhaltige Tonerde von grauer Farbe, erst durch das Brennen, bei dem der Eisengehalt mit Sauerstoff reagiert, erhalten die Fliesen, Ziegel, Vasen und Skulpturen ihre typische rötliche Terracotta-Farbe. Je nach Zusammensetzung der Tonerde variiert das Ergebnis über Gelb-, Orange-, Rot-, Rosa-, Braun- oder sogar hin zu Weiß- und Grautönen.
Große Vasen, wie sie überall in den toskanischen Kommunen auf den Plätzen stehen, werden übrigens nicht auf der bekannten Töpferscheibe gedreht, sondern im traditionellen Columbino-Verfahren, erläutert uns Massimo stolz. Dabei werden die Wände der oft riesigen Vasen mittels Würsten aus Tonerde aufgebaut, indem der Tonmeister, rückwärts um die Vase herumgehend, mit geschickten Handbewegungen jeweils ein kleines Stück der „Wurst“ Schicht für Schicht aufträgt.
Hier in diesem Video auf Youtube ist das ganz gut demonstriert, allerdings ein wenig langatmig und sich wiederholend 😉
Was ist der Unterschied zwischen Galestro und Impruneta?
Danach haben wir Herrn Hirsch, den Inhaber von Terracotta24 befragt. Er meinte, es gebe keinen allzu großen Unterschied, denn Galestro sei ein besonderes Schiefervorkommen in der Impruneta-Gegend, er finde sich in einigen tonhaltigen Sedimenten der Toskana speziell im oberen Teil des Bodens und ist ein Teil der Mischungen.

Wir konnten leider keine der schönen großen Vasen oder Amphoren mitnehmen, stattdessen erstanden wir bei Masimo zwei, zwar vielleicht etwas kitschige ;), aber
total süße Buchstützen aus Impruneta-Terracotta.
Siegbert Mattheis