Mosaik: Herkunft, Geschichte und was ein Mosaik über den Bikini verrät …

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Handgefertigte Mosaiktische aus Marokko sind derzeit stark nachgefragt. Und auch als Dekorationselemente in Fußböden aus Terrakotta-Fliesen setzen einzelne Mosaikstücke schöne Akzente. Wir haben uns mal in der Geschichte des Mosaiks umgesehen:

Woher stammt der Name und wie groß sind Mosaikstücke?

Der Name kommt aus dem Lateinischen musaicum, etwa: „das zu den Musen Gehörige“ bzw. aus dem Griechischen Μούσειος (moúseios) „den Musen geweiht, künstlerisch“. Als Mosaikstücke bezeichnet man Stücke, die eine kleinere Kantenlänge als 10 cm haben, darüber hinaus als Fliesen (bis zu 30 cm).

Woher stammen Mosaike?

Vermutlich entstanden die allerersten Mosaiken aus dem gleichen Grund, aus dem wir am Strand besonders schöne Kieselsteine sammeln und mit nach Hause nehmen. Wenn sie unterschiedliche Farben besitzen, ergeben sie aneinandergereiht attraktive Muster.

(So ähnlich dachte auch wohl ein Amerikaner, der vor über 50 Jahren einige besonders schöne Mosaiksteine aus dem antiken Paestum stahl. Er gab sie allerdings letztens wieder reumütig kürzlich an das Museum zurück.

Antikes, einfaches Mosaik aus Kieselsteinen © Siegbert Mattheis
Antikes, einfaches Mosaik aus Kieselsteinen © Siegbert Mattheis

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Mosaike sind fast so alt wie die Menschheit

So fand man bei Ausgrabungen in Vorderasien einen fast kreisrunden Platz von etwa 9 m Durchmesser mit Mosaiken aus ortsfremden Kieseln, der bereits vor 400.000 Jahren entstanden sein muss.

In Mesopotamien, zwischen Euphrat und Tigris entdeckten Archäologen die ältesten, bereits künstlerischen Mosaiken aus sumerischer Zeit (ca. 3.000 v. Chr.).

Mosaiken in Griechenland

Die ersten Mosaiken in der griechischen Welt sind Mosaiken aus ausgewählten Kieselsteinen, wobei die Farben Schwarz und Weiß dominieren. Ein Beispiel hierfür ist das Mosaik mit Dionysos auf einem Panther in der Hauptstadt des Königreichs Makedonien aus der Zeit von 330 bis 310 v. Chr. Später wurden die Kiesel durch speziell zurechtgeschnittene Steine ersetzt.

Bei Ausgrabungen für die Athener U-Bahn fand man antike Fußbodenmosaike, die jetzt an der Station am Syntagma-Platz ausgestellt sind.

Ein frühes Mosaik aus bearbeiteten farbigen Steinen aus Athen, zu sehen in der U-Bahn-Station Syntagma © Siegbert Mattheis
Ein frühes Mosaik aus bearbeiteten farbigen Steinen aus Athen, zu sehen in der U-Bahn-Station Syntagma © Siegbert Mattheis
4 runde Mosaiken mit Vogelmotiven
Römisches Mosaik aus dem 2. Jh. v.Chr. in Chersonessos im Archäologischen Museum Heraklion auf Kreta © Siegbert Mattheis
Mosaik aus schwarzen, weißen und braunen Steinen
Mosaikdetail © Siegbert Mattheis

Die Römer waren Meister des Mosaiks

Die Römer – wie so oft – kultivierten die Kunst der Mosaiken. Eine erste Blütezeit erlebte das antike Mosaik im zweiten vorchristlichen Jahrhundert. In dieser Zeit wurden große Fußbodenmosaiken mit Bildmotiven produziert. Das bekannteste Beispiel ist das Alexandermosaik in der Casa del Fauno in Pompeji.

Bei Ausgrabungen des antiken Kourion auf Zypern mit einem riesigen griechisch-römischen Theater (mit atemberaubendem Blick aufs Meer) wurden mehrere Gebäude mit zahlreichen, gut erhaltenen Fußbodenmosaiken entdeckt, darunter das „Gladiatorenhaus“, das „Haus des Achilles“ (beide nach Motiven dortiger Mosaike benannt), oder die „Villa des Eustolios“ aus dem 5. Jhdt n. Chr.

Detail aus dem Mosaik der Alexanderschlacht in Pompeij, etwa 150 v. Chr. © Siegbert Mattheis
Detail aus dem Mosaik der Alexanderschlacht in Pompeij, etwa 150 v. Chr. © Siegbert Mattheis
Im Vordergrund Mosaiken, im Hintergrund das Meer
Mosaiken in Kourion auf Zypern © Siegbert Mattheis
Fußbodenmosaik in der Villa Romana del Casale auf Sizilien, etwa 250 n. Chr. © Siegbert Mattheis
Fußbodenmosaik in der Villa Romana del Casale auf Sizilien, etwa 250 n. Chr. © Siegbert Mattheis
Mosaik zeigt eine Art Vase zwischen zwei Pantern, schwar-weiß
Mosaik mit Panthern: eines der spektakulären römischen Mosaike (Ende des 1. Jh. n. Chr.) © Stéphane Ramillon, Ville de Nîmes
Mann vor Mosaik
Mosaik des Pentheus; 2. Jh n. Chr. im neuen Römischen Museum in Nîmes © Olivier Arques

Bikinimosaik auf Sizilien

Ein besonders beeindruckendes Beispiel für Fußbodenmosaiken findet sich in der Villa Romana del Casale in Armeria auf Sizilien. Diese Villa aus dem 4. Jh n. Chr. wurde durch einen Erdrutsch verschüttet und erst im 20. Jhdt. vollständig ausgegraben. Daher sind diese Mosaiken auch in einem gut erhaltenen Zustand. Fast alle der heute noch erhaltenen 45 Zimmer sind auf einer Fläche von 3.500 qm mit aufwändigen Fußbodenmosaiken bedeckt, mit Kriegs- und Jagdszenen oder Bildern aus dem alltäglichen Leben oder sportlichen Wettkämpfen.

Von diesen Mosaiken wissen wir nun übrigens auch, dass es den Bikini nicht erst seit etwas mehr als 70 Jahren gibt, sondern bereits in der Antike, z.B. als Sportbekleidung.

Mosaik mit 3 Frauen, die im Bikini Sport treiben
Die "Bikini-Mädchen" aus der Villa Romana del Casale © Siegbert Mattheis

Aufwändige Herstellung

Die Herstellung solcher riesigen Mosaiken war entsprechend zeitaufwändig und teuer. Für einen Quadratmeter brauchten mehrere Arbeiter einige Monate.

Auch in Egnazia in Apulien finden sich bedeutende Fußbodenmosaiken, u.a. die Drei Grazien aus dem 3. Jhdt. n. Chr.

In Istanbul in der Hagia Sofia wurden die byzantinischen figürlichen Mosaiken nach der islamischen Herrschaft, die die Kirche in eine Moschee umwidmete, zerstört oder überputzt. Einige davon sind jedoch wieder freigelegt worden und demonstrieren die künstlerische Vielfalt der byzantinischen Epoche.

Mosaik der Drei Grazien aus Egnazia © Siegbert Mattheis
Mosaik der Drei Grazien aus Egnazia © Siegbert Mattheis
Schwarz-weiß-braunes Mosaik mit 2 Delphinen und einem Kopffüßer
Mosaiken in der römischen Villa in Milreu, Algarve. Neben den Delphinen ist auch ein Cephalopoda, ein Kalmar zu sehen © Siegbert Mattheis
Becken mit Fischmosaiken
In diesem Thermenbecken der Villa Milreu sind die Fische etwas dicker dargestellt, um sie bei gefülltem Wasserstand realistischer wirken zu lassen © Siegbert Mattheis

Die Araber brachten die Mosaik-Kunst wieder nach Europa

Durch den Zerfall des römischen Reiches geriet die Kunst der Mosaikenherstellung in Vergessenheit. Sie lebte vorwiegend in Persien und in islamisch geprägten Gebieten weiter, wie z.B. in Marokko oder auf der arabisch besetzten iberischen Halbinsel. Da im Islam bildnerische Motive verboten waren, herrschten hier kalligrafische oder geometrische Muster vor.

Großflächigere Keramikfliesen, die auch einfacher und schneller zu verlegen waren, übernahmen fortan die Funktion als Fußboden- oder Wandbelag. Durch die Verwendung von Blei- oder Zinnoxidglasuren wurden die Oberflächen zum einen glänzend und wasserabweisend, zum anderen konnten vielerlei Farben verwendet werden. Vorwiegend mit den sog. vier Scharffeuerfarben Kupfergrün, Antimongelb, Kobaltblau und Manganviolett (-braun), die die hohen Temperaturen beim Brennen aushielten.

Das maurische Spanien exportierte im 14. und 15. Jahrhundert diese Kacheln und Fliesen über Mallorca, daher der Name Majolika, ins damals prosperierende Italien, vor allem nach Florenz. In Faenza, nicht weit von Florenz wurde diese Keramiktechnik dank der reichhaltigen Lehm- und Tonvorkommen weiterentwickelt und als Fayence-Keramiken auch nach Frankreich exportiert.

Heutiges Fußbodenmosaik als Dekorationselement in Terrakottafliesen © Siegbert Mattheis
Fußbodenmosaik als Dekorationselement in Terrakottafliesen © Siegbert Mattheis
Mosaik-Fliesen im Bahia-Palast in Marrakech
Mosaik-Fliesen im Bahia-Palast in Marrakech in den typischen Farbtönen © Siegbert Mattheis

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Antoni Gaudí belebte Ende des 19. Jhdts. in Spanien die Kunst der Mosaike wieder, sichtbar u.a. im Park Güell in Barcelona.

In Marokko hielt sich die Tradition und das Handwerk des Mosaiklegens bzw- setzens über die Jahrhunderte. Die dort produzierten Mosaiktische * sind eine wahre Meisterleistung der marokkanischen Handwerkskunst. Bis ein Handwerker diese Kunst beherrscht, bedarf es jahrelanger Übung, um die über 360 geometrischen Formen zu erlernen.

Siegbert Mattheis

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