Setúbal ist ein Geheimtipp in Portugal. Die Stadt, nur 50 km südlich von Lissabon gelegen, gehörte nie zu den klassischen touristischen Zielen. Und ist daher noch sehr ursprünglich geblieben.
Wir müssen zugeben, dass wir das erste Mal auch nur kurz in der Stadt verweilten und lieber gleich die Fähre zu den traumhaften Stränden der Halbinsel Tróia genommen hatten. So, wie es üblicherweise auch viele Einwohner:innen von Lissabon machen. Aber das wird der Stadt nicht gerecht.
Lohnt sich Setúbal?
Wenn ihr dem Trubel von Lissabon entkommen und trotzdem nicht auf Kultur, Natur und gutes Essen verzichten wollt, dann solltet ihr euch Setúbal genauer anschauen!
Was macht Setúbal so besonders?
Setúbal ist eine Stadt mit Charakter. Keine Hochglanzkulisse für Touristen, sondern ein lebendiger Ort, in dem das echte Portugal spürbar bleibt. Hier treffen Tradition und Moderne aufeinander: mit Azulejos gekachelte Häuser und historische Klöster stehen neben nachhaltigen Stadtentwicklungsprojekten. Und rundherum? Einzigartige Natur mit Bergen, Meer, Stränden und Delfinen.
Stadt im Wandel
Der Charme der über 2.000 Jahre alten Fischerstadt hat sich uns dann erst auf den zweiten Blick erschlossen. Nachdem wir etwas länger in Setúbal unterwegs waren, waren wir fasziniert von der Aufbruchstimmung und der kreativen Atmosphäre, die hier herrscht.
Ein wenig Marseille-Flair
Denn Setúbal (ausgesprochen wird es S‘tubal, mit Betonung auf dem u) befindet sich in den letzten Jahren im Umbruch. Uns erschien die Stadt wie eine Miniatur-Ausgabe von Marseille vor 2013, bevor die französische Hafenmetropole Kulturhauptstadt Europas wurde. Auch Setúbal war lange eine florierende Industrie- und Hafenstadt vor der wirtschaftlichen Rezession in den 1990er Jahren.
Eine junge, kreative Szene erfindet die Stadt neu
Diese kreative Energie spürt man zum einen in den coolen und auf Nachhaltigkeit bedachten Co-Working Spaces wie das district.space neben alten, verfallenen Häusern mitten im Zentrum. Oder an der innovativen Casa da Cultura gleich schräg gegenüber.

Zum anderen im Viertel Troino, wo verfallenen oder zum Verkauf stehende alte Fischerhäuser neben bereits liebevoll renovierten stehen. Dort sieht man andererseits aber auch schon einige mit AL-Schildern, Alojamento Local, Ferienwohnungen zur Kurzzeitvermietung. Anders als im Arbeiterviertel Fontaínhas, in dem sich Student:innen noch günstige Zimmer leisten können.
Coole Initiativen und nachhaltige Projekte
Besonders erwähnenswert ist der Parque Urbano da Várzea, ein innovatives Umweltprojekt, das Regenwasser auffängt, Überschwemmungen verhindert und gleichzeitig ein Naherholungsgebiet mitten in der Stadt schafft. Schulen und Bürger:innen wurden aktiv in die Gestaltung eingebunden – ein echtes Vorzeigeprojekt für nachhaltige Stadtentwicklung. Oder das Projekt Associação Bairro Cool (Cooler Nachbarschaftsverband), der sich u. a. um die Wiederbelebung des traditionellen Marktes Mercado da Conceição bemühte und 2025 das zweijährige Bestehen feiern konnte.
Die schönsten Sehenswürdigkeiten in Setúbal
Darüber hinaus verfügt die Stadt natürlich auch über einige sehr schöne und interessante Sehenswürdigkeiten:
1. Castelo de São Filipe
Hoch über der Stadt thront die alte Festung aus dem 16. Jahrhundert. Der Blick über das Sado-Delta, die Stadt und die Troia-Halbinsel ist atemberaubend. Im Inneren der Festung gibt es übrigens eine charmantes kleines Pousada. Das angeschlossene Cafe-Restaurant hat allerdings noch erhebliches Optimierungspotenzial. Trotzdem ist die Lage phänomenal.
2. Convento de Jesus
Dieses Kloster aus dem 15. Jahrhundert zählt zu den bedeutendsten Beispielen des manuelinischen Stils. Hier wurde 1494 der Vertrag von Tordesillas ratifiziert, der die Welt in eine spanische und portugiesische Hälfte (z. B. Brasilien) teilte – mit Konsequenzen bis heute.
Wie Brasilien zu seinem Namen kam und warum dort Portugiesisch gesprochen wird
3. Praça de Bocage
Der zentrale Platz ist das Herz der Altstadt. Cafés, schattige Bäume und die Statue des gleichnamigen Dichters laden zum Verweilen ein. Hier solltet ihr die Spezialität von Setúbal probieren, choco frito, frittierter Oktopus.
4. Mercado do Livramento
Er gilt als einer der schönsten Märkte Portugals. Hier bekommt ihr frischen Fisch, regionales Gemüse und einen Einblick in das kulinarische Herz der Stadt – in einem historischen Art-Déco-Gebäude mit sehenswerten Azulejos.
5. Casa da Cultura
Die Casa da Cultura, eröffnet 2012 im ehemaligen kulturellen Verein Círculo Cultural, wurde seitdem zum zentralen Kulturort für die Bevölkerung von Setúbal.
Im Inneren eines ehemaligen Privathauses findet ihr wechselnde Ausstellungen, Konzerte, Theater, Filmvorführungen, Lesungen und ein aktives Kinder‑ und Jugendprogramm über sogenannte Service‑Educativo‑Workshops. Und ein nettes Café im liebevoll und stylish gestalteten Innenhof.
6. Museu do Trabalho
Ein wenig abseits der üblichen Touristenrouten liegt eines der eindrucksvollsten Museen Setúbals: das Museu do Trabalho Michel Giacometti. Untergebracht in einer ehemaligen Fischkonservenfabrik, widmet sich das Museum dem Arbeitsalltag vergangener Jahrzehnte – und damit einem zentralen Teil der Identität der Stadt.
Benannt ist es nach dem französischen Ethnologen Michel Giacometti. Er reiste jahrzehntelang durch Portugal, um das kulturelle Erbe und die Stimmen der einfachen Leute zu dokumentieren. Seine beeindruckende Sammlung bildet heute das Herzstück des Museums.
7. Bairro das Fontaínhas
Das Museum liegt im Viertel Fontaínhas, einem ehemaligen Fischer- und Arbeiterquartier, heute eher das Student:innenviertel. Noch heute spürt man hier das einfache, alltägliche Leben der Stadt. Kleine Cafés, traditionelle Häuser mit bunten Kacheln und schmale Gassen prägen das Bild.
8. Miradouro de São Sebastião
Gleich um die Ecke vom Museum findet ihr den Aussichtspunkt Miradouro de São Sebastião. Von hier aus eröffnet sich ein weiter Blick über das Sado-Delta, die Altstadt, zur Halbinsel Tróia und zur Küste des Arrábida-Nationalparks.
Aber es sind weniger die Sehenswürdigkeiten von Setúbal, die den Charme der Stadt ausmachen, sondern die ruhige, entspannte Atmosphäre mit einem gleichzeitigen, spürbaren Flimmern von Aufbruchstimmung und kreativer Energie.
Restaurant-Tipp: Selo de Mar
Das spiegelt sich auch in unserem Geheimtipp wider: Denn das im Mai 2025 neu eröffnete Restaurant Selo de Mar hat sich auf Fischspezialitäten spezialisiert. Vor allem auf traditionelle Fischkonservierungsmethoden, die der Küchenchef Pedro Almeida auf innovative Weise veredelt. Und sie haben nach der Pandemie sogar die legendäre Würzsauce Garum nach 1.500 Jahren wieder zum Leben erweckt. Den Shop mit vielen Garumsorten, darunter auch veganen, findet man gleich nebenan.
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Was kann man rund um Setúbal unternehmen?
Arrábida-Nationalpark
Im wunderschönen Arrábida-Nationalpark rund um Setúbal wird konsequent auf Nachhaltigkeit gesetzt. Der Zugang zu den herrlichen Stränden ist reglementiert, um die Natur zu schützen. Ziel ist es, die Region als UNESCO-Biosphärenreservat anerkennen zu lassen.
Delfinbeobachtung im Sado-Fluss
Eine der wenigen dauerhaften Flussdelfin-Gruppen Europas lebt hier. Auf geführten Bootstouren könnt ihr die Tiere aus nächster Nähe beobachten.
Traumhafte Strände
Besonders die Buchten im Naturpark Arrábida wie Praia de Galapinhos oder Praia da Figueirinha sind ideal zum Baden, Schnorcheln oder einfach zum Abschalten. Glasklares Wasser, umgeben von grün bewachsenen Hügeln.

Wein und Kulinarik
Westlich von Setúbal liegt die Region Azeitão, berühmt für ihren Moscatel-Wein. Viele Weingüter bieten Verkostungen an. Und wer Fisch liebt, wird in den zahlreichen Restaurants entlang des Hafens fündig.
Wandern und Outdoor
Der Arrábida-Nationalpark lädt zu Wanderungen mit Aussicht ein. Auch Kajakfahrten entlang der Küste oder Paragliding über die Hügel sind möglich.
Fähre nach Tróia
Die gegenüberliegende Halbinsel Tróia ist schnell per Fähre erreichbar. Neben langen Sandstränden mit coolen Beach Bars erwarten euch dort auch Ausgrabungen der größten Garum-Produktion im damaligen Römischen Reich.
Ausflüge in die Umgebung
Nach Lissabon ist es nur eine gute halbe Stunde mit dem Auto oder knapp eine Stunde mit dem Zug. Das Alentejo und die berühmten Korkeichenwälder liegen gleich nebenan im Osten. Und Évora, die „Museumsstadt“, ist nur eine Stunde entfernt. Das Badeparadies Sesimbra erreicht ihr in nur 35 Minuten.
Unser Fazit
Setúbal ist einer dieser Geheimtipps, die man eigentlich für sich behalten möchte. Weil die Stadt noch nicht überlaufen ist. Weil sie authentisch geblieben ist. Und weil sie eine wunderbare Mischung aus Kultur, Natur und portugiesischer Lebensart bietet. Wer einmal bei Sonnenuntergang vom Castelo de São Filipe über das glitzernde Sado-Delta geschaut hat, weiß aber, warum sich ein Besuch lohnt.
Wir sind gespannt, wie sich die Stadt in den nächsten Jahren entwickeln wird!
Siegbert Mattheis