Wenn ihr Portugal besucht und etwas ganz Besonderes entdecken wollt, dann probiert unbedingt den Queijo de Azeitão! Dieser kleine, weiche Schafskäse aus der Nähe von Lissabon zählt zu den besten Käsen Portugals – und ist weit mehr als nur ein kulinarischer Leckerbissen. Denn hinter ihm verbirgt sich eine spannende Geschichte, ein einzigartiger Herstellungsprozess ohne tierisches Lab und jede Menge Geschmack.
Was ist Queijo de Azeitão?
Der Queijo de Azeitão ist ein geschützter Schafskäse mit DOP-Siegel (Denominação de Origem Protegida). Er stammt aus dem gleichnamigen Ort Azeitão, am Rande des Naturparks Serra da Arrábida, rund 40 Kilometer südlich von Lissabon. Er wird aus roher Schafsmilch hergestellt und mit einem pflanzlichen Lab aus wilden Artischockenblüten zum Gerinnen gebracht – ganz ohne tierische Zusätze.
Wie schmeckt der Käse?
Einfach gesagt: herzhaft, cremig und charaktervoll! Der Queijo de Azeitão hat eine essbare, leicht runzelige Rinde, darunter eine teigige, fast löffelbare Masse. Der Geschmack ist würzig, salzig und leicht bitter, mit feinen Noten von Erde, Heu und Wildkräutern. Je länger der Käse reift, desto intensiver wird er – also ideal für alle, die Käse mit Persönlichkeit mögen!
Wie wird Queijo de Azeitão hergestellt?
Die Herstellung ist ein echtes Handwerk:
- Frische Rohmilch von lokalen Schafrassen (meist Merino).
- Natürliches Lab aus Artischockenblüten – ein altes Verfahren.
- Die Milch wird vorsichtig geronnen, abgeschöpft und in Formen gefüllt.
- Nach dem Salzen reift der Käse für ca. 20 Tage bei hoher Luftfeuchtigkeit, bis er seine weiche Konsistenz erhält.
Wie isst man Queijo de Azeitão?
Der Käse ist ein echtes Erlebnis – am besten serviert ihr ihn so:
- Zimmertemperatur: 30 Minuten vor dem Essen herausnehmen.
- Deckel abschneiden und auslöffeln – wie bei einem Ofenkäse.
- Dazu passt: Bauernbrot, Olivenöl, ein paar Nüsse oder getrocknete Feigen.
Welche Weine passen dazu?
Hier ein paar perfekte Weinbegleiter:
- Rotwein: Ein junger Castelão oder Aragonez aus dem Alentejo.
- Weißwein: Ein floraler Encruzado oder cremiger Antão Vaz.
- Süßwein: Der Moscatel de Setúbal – eine wahre Geschmacksexplosion in Kombination mit dem Käse.
Oder ihr probiert einen der feinen Weine von José Maria de Fonseca oder von Bacalhôa aus Azeitão.
Welches Brot passt am besten zu Queijo de Azeitão?
Auch das Brot darf nicht zu kurz kommen. Am besten eignen sich:
- Rustikales Sauerteigbrot oder Broa de Milho (portugiesisches Maisbrot)
- Frisches Baguette oder Ciabatta, wenn ihr es leichter mögt
- Geröstetes Brot mit Olivenöl – eine einfache, aber edle Kombi
Wo kann man den Käse kaufen?
Am besten natürlich direkt vor Ort! Ihr findet ihn auf den Märkten rund um Azeitão, Setúbal oder Lissabon, aber auch in Feinkostläden in Portugal. Auf jeden Fall im landesweiten Pingo Doce (unserem Lieblingssupermarkt in Portugal) – oder manchmal sogar in gut sortierten Käsetheken im Ausland. Fragt gezielt nach „Queijo de Azeitão DOP“.
Die Geschichte des Queijo de Azeitão
Ursprünglich stammt die Rezeptur vom berühmten Queijo da Serra da Estrela, dem ältesten portugiesischen Käse und einer der berühmtesten Schafskäse der Welt. Im 19. Jahrhundert brachte der Käsemacher Gaspar Henriques de Paiva dieses Wissen nach Azeitão – und passte es dort den klimatischen Bedingungen und der Milchqualität an. Daraus entstand ein Käse im Kleinformat, der heute ganz Portugal begeistert.
Möglicher Ursprung bei den sephardischen Juden
Eine spannende Theorie geht noch weiter zurück: Manche Historiker vermuten, dass die sephardischen Juden Portugals bereits im Mittelalter Käse mit pflanzlichem Lab herstellten – da tierisches Lab nach jüdischen Speisegesetzen nicht erlaubt war. Nach der Zwangsbekehrung im 15. Jahrhundert könnten diese Käsepraktiken im Geheimen weitergeführt worden sein – verborgen, aber lebendig. Vielleicht trägt der Queijo de Azeitão also auch ein Stück jüdischer Kulturgeschichte in sich (so auch wie die berühmte Alheira-Wurst aus Portugal).
Ein Käse, der Geschichte und Genuss vereint
Der Queijo de Azeitão ist mehr als nur ein Käse – er ist ein Stück portugiesischer Kultur, mit einer möglichen jüdischen Vergangenheit, handwerklicher Herstellung und einzigartigem Geschmack. Ob pur gelöffelt, auf Brot genossen oder mit einem Glas Moscatel – er bringt euch ein kleines Stück Portugal direkt auf die Zunge.
Und wie sagt man in Portugal so schön?
Bom apetite!
Siegbert Mattheis
Siegbert Mattheis, Jahrgang 1959, ist seit seinem ersten Italienaufenthalt 1977 vom mediterranen Lebensgefühl begeistert. Seitdem bereist er mehrmals im Jahr die Länder rund um das Mittelmeer. Nach seinem Studium des Kommunikationsdesigns, der Philosophie, Wissenschaftstheorie und Kunstgeschichte gründete er eine Werbeagentur, die er seit 1998 gemeinsam mit seiner Frau Claudia Mattheis führt. 2002 bauten beide gemeinsam Ambiente–Mediterran.de auf, das inzwischen größte Lifestyle-Magazin rund um die mediterrane Kultur. Darüber hinaus ist er Fachjournalist und Fotograf, begeisterter Hobbykoch und Liebhaber stilvoller Einrichtung. Gründliche Recherche und Liebe zum Detail gehören zu seinen Leidenschaften. Mit seiner Frau lebt er in Berlin Prenzlauer Berg.