Fado, Ausdruck der portugiesischen Saudade …

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Liebe, Leidenschaft, Trauer, Schmerz, Sehnsucht, das alltägliche Leben … das sind die Themen des portugiesischen Fado in den Straßen von Lissabon, Coimbra oder inzwischen auch Porto.

Was ist Fado?

Fado-Musik ist der emotionale Ausdruck der portugiesischen Seele schlechthin. Meist lautstark und klagend, aber auch manchmal leise und wehmütig gesungen, mit ausladenden emotionalen Gesten bei geschlossenen Augen, lässt sich Fado nicht erklären, nur fühlen. Selbst wenn man nicht alle Worte versteht, man spürt die „saudade“, den Weltschmerz, die Sehnsucht, die Schwermut, den Abschiedsschmerz, die Liebe, die ganze Bandbreite der Emotionen darin. Denn Portugal war im 19. und auch im 20. Jh. lange Zeit ein sehr armes Land, das viele mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft auswandern ließen. Abschied, Trennung, Träume und unerfüllte Sehnsüchte waren ständige Begleiter im Leben.

Fado sei der Blues der Portugiesen, erzählt Mariza, eine der heute populärsten “fadistas”. Beide, Blues und Fado hätten viel gemeinsam, beide singen vom Leid, von der Seele, von Melancholie. Darum geht es bei dieser Musik in Molltönen. Aber Fado ist heute auch etwas leichter geworden, hat fröhliche Facetten hinzugewonnen, erzählt uns Diana Vilarinho bei einem Fado-Abend im Restaurant Fama d’Alfama in Lissabon.

Diana Vilharinho mit Kollegen © Siegbert Mattheis
Gesang mit geschlossenen Augen ... © Siegbert Mattheis

Wie wird Fado gespielt?

Traditionell wird eine Sängerin oder ein Sänger von 2 verschiedenen Gitarren begleitet, einer klassischen und einer Portugiesischen Gitarre mit ihrem typisch kronenförmigen Halsabschluss. In der Regel werden diese beiden Gitarren von Männern gespielt. Die guitarra portuguesa wird gezupft, ist also im Grunde eine Cister, ein Zupfinstrument. Aber Fado wird inzwischen auch in großen Konzerthallen mit Orchester gespielt.

Die "guitarra portuguesa" © Siegbert Mattheis
Das Fado Museum in der Alfama © Siegbert Mattheis

Wer sind die berühmtesten Sänger:innen?

Amália Rodrigues mit ihrer unverwechselbaren und variationsreichen Stimme ist die unbestrittene Königin des Fado. Als sie 1999 im Alter von 79 Jahren in Lissabon starb, wurde eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen. Jeder Portugiese und jede Portugiesin erinnert sich noch genau daran, was sie gemacht hatten, als sie die Nachricht von ihrem Tod erfuhren, erzählt Pedro Pinheiro Vaz von der Fundaciāo Amália Rodrigues. Amália gilt als die wichtigste portugiesische Sängerin des 20. Jahrhunderts. Inzwischen gibt es jedoch eine Reihe von großartigen Nachfolger:innen, allen voran Mariza, Cuca Roseta, Diana Vilarinho oder Ricardo Ribeiro.

Amália Rodrigues 1969 © Anefa, Wikipedia

Wo kann man Fado Musik live hören?

In zahlreichen Kneipen und Restaurants im Altstadtviertel von Lissabon, vorwiegend im Bairro Alto sowie in den Viertel Alfama und Mouraria, könnt ihr Fado live erleben. Nach 21 Uhr, wenn die Gäste mit Vorspeise und Hauptgang fertig sind, treten die Künstler:innen mitten im Publikum auf. Nach etwa zwei bis drei Liedern gibt es eine Pause, danach geht es so weiter, oft sogar bis nach Mitternacht. Am besten reserviert ihr euch einen Tisch und kommt frühzeitig, damit ihr nicht mitten beim Essen seid, wenn der Fado beginnt. Empfehlenswert ist auch ein Besuch im Museu do Fado in der Alfama. Im dortigen Restaurant werden ebenfalls Konzerte gespielt.

Mitten im Publikum, hier auch mit drei Gitarren © Siegbert Mattheis
Konzert von Diana Vilarinho © Siegbert Mattheis
Ankündigungen von Fado-Konzerten im Schaukasten © Siegbert Mattheis

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Woher kommt Fado-Musik?

Das Wort Fado selbst entspringt dem lateinischen fatum, was so viel wie “Schicksal” bedeutet. Der Ursprung dieser portugiesischen Musikrichtung ist im Wesentlichen noch unbekannt, aber es ist sicher, dass sie aus Lissabon stammt. Die wichtigsten Wurzeln des Fado gehen zurück auf Sklaven und Seemänner in den Vierteln der einfachen Leute in Lissabon. Bekannt wurde er um 1840 mit den ersten schriftlichen Aufzeichnungen des Liedes “Fado des Seemanns”.

Abschiedsszenen im Gemälde von Constantino Fernandes, "O Marinheiro" 1913 im Fado Museum in Lissabon © Foto: Siegbert Mattheis

Die erste bekannte Fado-Sängerin war die 1820 geborene Maria Severa Onofriana, die in den Straßen von Mouraria in Lissabon sang und Gitarre spielte. Sie wurde als exotische Schönheit beschrieben und verliebte sich unglücklich in Francisco de Paula de Portugal e Castro, den 13. Graf von Vimioso. Der war von ihrer Ausstrahlung und ihrer Stimme verzaubert und nahm sie oft zum Stierkampf mit. So verschaffte er ihr zahlreiche Gelegenheiten, vor einem jungen Publikum aus der portugiesischen, gesellschaftlichen und intellektuellen Elite aufzutreten. Sie starb aber bereits im Alter von nur 26 Jahren am 30. November 1846 an Tuberkulose. Die tragische Romanze zwischen den beiden wurde daraufhin das Thema mehrerer Fados und durch die ihr gewidmete Novelle von Júlio Dantas, “A Severa”, die 1901 als Theaterstück aufgeführt wurde, gelangte sie zu einiger Berühmtheit. Fado war jedoch bereits Ende des 19. Jahrhunderts auf den Theaterbühnen weit verbreitet. 1910 findet dieses urbane Lied auch Eingang in die bildende Kunst mit dem Gemälde O Fado” von José Malhoa. Dieses Werk spielt daraufhin eine sehr wichtige Rolle in der Ikonografie des Fado.

"O Fado", 1910 José Malhoa im Museu do Fado © Foto: Siegbert Mattheis
Schallplatte mit Aufdruck Fado da Forma
Eine der ersten Fado-Schallplatten im Museu do Fado © Siegbert Mattheis

Die internationale Verbreitung der Musikrichtung begann ab den 1930er-Jahren, vorwiegend in den portugiesisch-sprachigen Kolonien Afrikas und in Brasilien. Aber erst ab 1950 gelang es Amália Rodrigues, den Fado weltweit bekannt zu machen.

Siegbert Mattheis

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