Wie Silberminen bei Athen die Demokratie beförderten …

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Die Silberminen von Lavrio in der Nähe von Kap Souinon hatten die Geschichte Europas entscheidend geprägt. Sie waren der Auslöser für grandiose Siege wie David gegen Goliath, stärkten die Demokratie und sind eine Ursache für Europa, wie wir es heute kennen. Und sie prägten zudem die Redewendung “Eulen nach Athen tragen”.

Unglaublicher Reichtum

Die Silberminen im Gebiet von Lavriotiki bescherten unglaubliche Reichtümer in der Antike und wieder im 19. Jahrhundert. Da waren sie Anlass für eine internationale Krise, für den ersten Börsenbetrug in der griechischen Geschichte und einen blutig niedergeschlagenen Arbeiteraufstand.

Ruinen zwischen Kiefern
Ruinen der antiken Silberminen bei Lavrio © Siegbert Mattheis

Silber zwischen Marmor und Schiefer

In dem nur wenige Quadratkilometer kleinen Gebiet an der Südspitze von Attika, vom Poseidon-Tempel bis zur Höhe von Thoricos hatten sich vor Jahrmillionen Marmor und Schieferschichten übereinander getürmt. Die Reaktion der beiden Mineralien miteinander bewirkten ein bleihaltiges Erz, aus dem man Silber gewinnen konnte.

Besser und ausführlicher wird das hier im Mineralienatlas beschrieben 😉

Karte von Attika mit einzeichneten Minenorten
Die antiken Silberminen, Illustration von 1850 © Wikipedia
Schmaler Wasserkanal aus Stein
Die Wasserkanäle, die das Erz reinwuschen © Siegbert Mattheis

Dieser Silberschatz bedeutete eine entscheidende Wendung der Geschichte

Das Gebiet des heutigen Nationalparks Sounion war bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. für seine reichen Erzvorkommen bekannt. Unter dem Tyrannen Peisistratos begann um 540 v. Chr. die systematische Ausbeutung der Bodenschätze, vor allem Silber. Die Minen waren Staatseigentum und wurden für eine feste Summe und einen prozentualen Anteil der Produktion zur Bearbeitung vergeben. Dabei mussten bis zu 30.000 Sklaven, meist nichtgriechischer Herkunft unter unmenschlichen Bedingungen in den nahezu 100 Minen schuften.

Männer bearbeiten einen Felsen
Sklaven in einer Mine, Terrakotta-Platte aus dem 7. Jh. v. Chr. © Wikipedia

Wie beeinflusste das Silber aus den Minen die Entwicklung der Demokratie?

Nach dem Tode des Tyrannen und dem Sturz seiner Söhne um 514 v. Chr. entwickelte sich in Athen zaghaft die erste attische Demokratie. 490 v. Chr. gewannen die Athener die Schlacht bei Marathon gegen die Perser. Dennoch war die Gefahr einer erneuten Invasion nicht gebannt. Denn das mächtige Reich der Perser reichte von Indien über Ägypten bis nach Thrakien. So überzeugte der Feldherr Themistokles die Einwohner der Stadt Athen, die gesamten Silbervorkommen – das waren etwa 2,6 Tonnen – aus den Minen von Laurium (heute Lavrio) an die 100 mächtigsten Bürger Athens zu verteilen. Versehen mit der Auflage, mit diesem Geld über 100 moderne und wendige Trieren, damalige Kriegsschiffe, bauen zu lassen.

Die Eigentümer waren somit auch die ersten griechischen Reeder. Seht auch auf arte Die Odysse der Reeder

3 schlanke Kampfschiffe mit Segel und drei Reihen Ruder
Griechische Trieren aus dem 5. Jh. v. Chr.; Modell im Deutschen Museum, Montage © Siegbert Mattheis

Die entscheidende Schlacht bei Salamis

Mit deren Hilfe gewannen die Athener die größte Seeschlacht der Antike von Salamis im Jahr 480 v. Chr. gegen eine Übermacht der Perser. Diese gemeinsame Entscheidung von Themistokles und der Bürgerschaft bedeutete eine entscheidende Wende in der Geschichte. Denn es stärkte das Selbstbewusstsein und den Zusammenhalt der Athener und den Glauben an die neue Staatsform.

Schlachtengemälde
Gemälde "Die Schlacht von Salamis" von Wilhelm von Kaulbach © Wikimedia, Burkhard Mücke

Rekonstruktion der Schlacht von Salamis auf Youtube

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Auch die untersten Schichten profitierten

Eine große Wirkung hatte die Schlacht bei Salamis auch auf die unterste Schicht der Bürger. Denn nicht etwa Adlige oder Bauern hatte den Sieg herbeigeführt, sondern sie, die sog. Theten. Themistokles setzte sie als Leichtbewaffnete und auch als Ruderer in der Flotte ein. Der Aufstieg zu den Ruderern während der Perserkriege war unabdingbar für die Entstehung der Demokratie in Athen. Unter anderem führte die durch den geleisteten Kriegsdienst gewonnene Achtung zu einer politischen Bedeutungssteigerung.

Griechenland wurde zur Wiege Europas

So konnte Athen innerhalb kürzester Zeit zur größten See- und auch Handelsmacht aufsteigen. Von da an begann die Blütezeit der attischen Demokratie, eine Vorreiterin unserer heutigen Demokratie. Mit dem Silber aus Lavrio bauten die Athener den Parthenon auf der Akropolis und viele weitere Bauten als Dank für die Rettung vor den Persern. Auf allen Gebieten der Kunst und Wissenschaft wurde Athen nun zum Vorbild für seine Nachbarn. Und so wurde Griechenland die „Wiege Europas“.

Nach etwa 300 Jahren konnte mit der damaligen Technik keine weiteren Bodenschätze mehr bergen und die Minen wurden allmählich verlassen.

Tempelruine mit acht Säulen und Giebel
Der Parthenon. So einsam sieht man ihn nur in der Nebensaison oder frühmorgens © Siegbert Mattheis

Erst im 19. Jahrhundert wurde wieder Silber gefördert

1864, nach über 2.000 Jahren wurde der Abbau des Silbers und anderer Erze mit verbesserter Technik wieder aufgenommen.

Wie das wiederum für eine internationale Krise, den ersten Börsenbetrug in der griechischen Geschichte und einen blutig niedergeschlagenen Arbeiteraufstand sorgte, könnt ihr hier über die Lavreotika-Affäre nachlesen …

Ockerfarbene Ruinen
Reste der Verwaltungsgebäude der Bergbaugesellschaft © Siegbert Mattheis

Woher kommt der Spruch “Eulen nach Athen tragen”?

Die Redensart bedeutet, “etwas völlig Überflüssiges zu tun”. Auf den damaligen Athener Münzen aus dem Silber aus Lavrio war auf der Vorderseite die Schutzgöttin Athene abgebildet, auf der Rückseite eine Eule. Diese symbolisierte für die Athener die Weisheit, da sie auch im Dunkeln Dinge sehen kann, die den Menschen verborgen sind.

Antike Münzen mit Eulenprägung und Kopf der Athene
Silbermünzen aus dem 4 Jh. v. Chr. im Ärchäologischen Museum © Siegbert Mattheis
Griechische 1-Euro-Münze mit Eule, Olivenzweig und Viertelmond
Die Eule ist auch auf der 1-Euro-Münze Griechenlands © Siegbert Mattheis

Das Silber hatte einen der höchsten Reinheitsgrade

Die griechischen Silbermünzen aus Lavrio hatten aufgrund des derart seltenen Reinheitsgrades von 986/1000 einen unglaublichen Wert in der gesamten antiken Welt. Athen war damals so reich, dass das zusätzliche Anhäufen von Münzen – also Eulen – als vollkommen unnötig erachtet wurde. Der Ursprung des Spruches wird Aristophanes zugeschrieben. Er bezeichnete es als überflüssig, Silbermünzen ins reiche Athen zu schicken: „Soll es euch an Eulen niemals mangeln aus dem Laurion“.

Die Schlacht bei Salamis hinterließ auch Spuren in der attischen Münzprägung: In Erinnerung an die Sichel des abnehmenden Mondes, die während der ganzen Schlacht am Himmel zu sehen war, setzte Athen diese auf den Münzen von da an über den Rücken der Eule.

Solltet ihr also im Museum solche Münzen mit der Mondsichel entdecken, wisst ihr, dass sie aus den Jahren nach 480 v. Chr. stammen müssen 😉 .

Siegbert Mattheis

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