Insider-Tipps für Montpellier, die Studentenstadt, die reich an Geschichte ist, sich jedoch den modernen Trends gegenüber aber stets offen zeigt. Ein sehr persönlicher Bericht von Marie-Theres Werner, die seit langem in der Stadt lebt:
Inhaltsverzeichnis
Anreise mit dem Zug nach Montpellier
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem der schnellsten Züge der Welt, einem französischen TGV, und rauschen durch mediterrane Landschaften: ausgetrocknete Erde, dazwischen kleine verlassene Steinhütten; Weinberge, die bis zum Horizont zu reichen scheinen, an alten Bahnhöfen vorbei, am Gischt aufwerfenden Meer, an étangs (Salzwasserseen), auf die selbst heute noch die Fischer mit ihren alten Kähnen hinausfahren, um den Besuchern der Restaurants und der Märkte frischen Fisch anbieten zu können.
Sie werden zum Beobachter der warmen Sonne und des rauen Windes, können dank Ihrer Gedanken das Salz in der Luft schmecken, legen sich entspannt zurück, aber – bald wird auch Sie die städtische Realität des Südens ergreifen. Denn mit jedem Kilometer, den der Zug hinter sich legt, kommen Sie Montpellier näher.
Der Bahnhof Montpellier-Saint-Roch, genannt nach dem Schutzpatron von Montpellier, ist im Zentrum der südfranzösischen Stadt erbaut worden, und schon beim Verlassen des Zuges können Sie das Flair dieser lebendigen Stadt spüren, den Süden mit all Ihren Sinnen aufnehmen. Durch die Halle des Bahnhofs laufend werden Sie von den typischen Gerüchen umhüllt, von der fremden – oder bereits bekannten – Sprache mitgetrieben, auf die Türen zu, durch die die warme Sonne scheint, und mit ihr all die Hoffnungen, die Sie mit diesem Aufenthalt verbinden. Ich bin sicher, Montpellier wird sie nicht enttäuschen!
Historisch und à la mode (modern und attraktiv), einen mediterranen Charme repräsentierend, den man meist nur noch außerhalb der großen Städte des Südens finden kann.
Das Zentrum von Montpellier
Das Herz Montpelliers, der Place de la Comédie, gleicht dem Markusplatz in Venedig, dem nachgesagt wird, dass jeder Venezianer ihn mindestens einmal pro Tag aufsucht. So überquert auch jeder Montpelliérain (Bewohner von Montpellier) mindestens einmal pro Tag das Herz seiner Stadt.
Von hier aus, der Menschenmenge folgend, wird man in das mittelalterliche Straßenlabyrinth geführt, in dem man sich verlieren muss, um die schönsten Stellen dieser Stadt zu erobern.
Lassen Sie sich von Ihrem Instinkt leiten, und begeben Sie sich auch in die verlassensten Gassen, so werden Sie Kunstwerke entdecken, lebendige Wände, und auf irgendeinem verwunschenen Platz schließlich ankommen.
Der Botanische Garten Montpellier
In dieser Stadt wachsen Palmen an unvorstellbaren Stellen, glitzert Wasser in den Sonnenstrahlen, werden alte Zeiten heraufbeschworen, und Orte, an denen man die innere Ruhe finden kann, gibt es zuhauf:
Der Frieden inspirierende Jardin des plantes ist der älteste Botanische Garten Frankreichs und befindet sich bei der ersten, bereits im 12. Jahrhundert gebauten Universität für Medizin. Er beherbergt mehr als 2000 Pflanzenarten, von Zypressenalleen über 36 Palmenspezies bis hin zu einem Bambuswald.
Zoo in Montpellier
Auch der Zoo du Lunaret ermöglicht Ihnen, die Hektik der Stadt zu vergessen. Am Rande der Stadt liegend, taucht man bei seinem Besuch in ganz verschiedene Welten ein: Angelegt wie die wilde Garrigue, die über die zahlreichen Hügel hinter dem nahe liegenden Mittelmeer verbreitet ist, und als Wohnort für mehr als 122 Tierspezies aus allen Teilen der Welt dienend. Eine Reise in den tropischen Urwald können Sie dank des serre amazonienne (Tropenhaus) ebenfalls machen.
Un musée à ciel ouvert, für die Augen ein wahres Geschenk. Eine Reise durch die Zeit, sollten Sie sich von den unterschiedlichen Kirchen und hôtels particuliers (Stadtpalais der Gründerzeit) verzaubern lassen, oder sollten Sie die Tore eines der Museen zu durchschreiten wagen. Einen Besuch sind sie auf jeden Fall wert:
Museen in Montpellier
Das im Jahre 1828 erbaute Musée Fabre beherbergt Werke der westlichen Welt, die zwischen dem 14. und dem 21. Jahrhundert entstanden sind: Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, sowie Werke der graphischen und dekorativen Kunst. Von Sébastien Bourdons „l’homme aux rubans noirs“ zu einem Teller der königlichen Manufaktur Jacques Olivier, sind hier sowohl bekannte Werke zu sehen, als auch unbekannte zu entdecken.
Wissenshungrige nach Kunstgeschichte werden hier ihr Glück finden, sei es auf den Konferenzen, bei denen sie die Möglichkeit haben, mit Kennern aus ganz Frankreich zu sprechen, oder sei es durch die verschiedenen Workshops, in denen man eigenes kreieren kann, zum Beispiel auch lernt, ein Gemälde zu interpretieren, oder lernt, wie man einen Tanz, ein Theaterstück aus einem Kunstwerk entwickeln kann.
Ein ebenso sehenswertes Museum, aber auf andere Art inspirierend, liegt nur fünf Gehminuten entfernt: das Musée Languedocien, das auf seine Objekte, die den Besucher durch mehrere Jahrhunderte verschiedener mediterraner Zivilisationen reisen lassen, stolz sein kann.
Antiquitätenmarkt
Nun aber wieder zurück in die Museen unter freiem Himmel, denn die angenehme Sonne, die hier an 300 Tagen pro Jahr scheint, muss man schließlich genießen! Vom Musée Fabre aus, kommen Sie direkt auf die Esplanade Charles de Gaulle, über die Sie im Schatten der Platanen schlendern können. Jeden Samstag findet hier der Antiquitätenmarkt statt.
Ähnliches können Sie Sonntags beim Place du Peyrou, auf der anderen Seite der Innenstadt, erleben, wo Antiquitätenhändler Sie durch deren Kleidung, Gesinnung, und deren wertvoller Ware, in das France d’autrefois zurückbringen werden.
Der Königsplatz du Peyrou
Der Königsplatz, der Place Royale du Peyrou wurde 1689 durch ein Votum der ehemaligen Staaten des Languedoc geboren, und entwickelte sich in den folgenden Jahrhunderten zu dem was er heute ist. Die Reiterstatue des Königs Louis XIV war der eigentliche Grund, warum ein solcher Platz entstanden ist. Zu seinem heutigen Bild trugen vor allem der Wasserbauingenieur Pitot (1695-1771) mit dem zwischen 1753 und 1764 entstandenen Acqueduc de Saint-Clément; und der Architekt Jean-Antoine Giral (1700-1787) mit der Gestaltung der Promenade und des Pavillons im Jahre 1768, bei.
Beobachten Sie die im Winde wirbelnden Blätter, und lauschen Sie den Gitarre- und Harmonikaspielern, die hier schon fast Teil des großzügigen Dekors sind. Gehen Sie auf die Seiten des Platzes zu – Sie werden staunen! Ein wunderschöner Blick über Montpellier und das Hinterland – bis zum berühmten Pic Saint Loup– erwartet Sie, und macht Sie zum Beobachter einer Wirklichkeit, an der Sie, auf diesem lebhaften, aber dennoch von der Gegenwart weit entfernten Platz, nicht teilnehmen.
Wollen Sie einen anderen Blick über die Stadt gewinnen, so sollten Sie das Dach des Corums bei der Esplanade Charles de Gaulle besuchen, von dem aus Sie an schönen Tagen bis zum Meer blicken können.
Das moderne Viertel Antigone
Ebenso großzügig gebaut wie der Königsplatz du Peyrou (im Westen Montpelliers), ist das 1984 unter Expansionsträumen entstandene Viertel Antigone (im Osten Montpelliers).
Um hierhin zu gelangen, sollten Sie sich auf den Place Paul Bec hinter dem Polygone begeben, und durch die „Türen“ von Antigone laufen. Immer gerade aus weiter, über die verschiedenen Plätze, umgeben von neoklassizistischen Bauten und Kopien griechisch-römischer Statuen, werden Sie schließlich bei der Esplanade de l’Europe angelangen. Vor Ihnen, auf der anderen Seite des Flusses Lez, liegt das von Ricardo Bofill entworfene Hôtel de la région. Sowohl tagsüber als auch abends hat dieses Viertel seinen eigenen Charme, denn schattig und imponierend wenn die Sonne scheint – verzaubert, wenn all die Lichter der Nacht brennen. Auch Restaurants und Bars gibt es hier genügend – in denen Sie sicherlich einige Studenten antreffen werden.
Mehr über Montpelliers Restaurants und Bars können Sie in unserem Artikel Gastronomie in Montpellier nachlesen
Shopping in Montpellier
In Montpellier können Sie neben den großen Einkaufszentren Polygone (Centre Commercial Le Polygone), nur wenige Minuten vom Place de la Comedie entfernt und Odysseum auch unzählige kleine Boutiquen de caractère und Lädchen von Handwerken in den Gassen der Innenstadt vorfinden. Auf diese Besonderheit sind die Einwohner sehr stolz, und es gibt genügend Leute, die sich engagieren, um dies zu bewahren.
Kinos in Montpellier
Zwei weitere Orte, die sich aus der Masse der anderen herausheben, sind die Kinos Diagonal Capitole (im Zentrum) und Utopia (bei der Université Paul Valéry, im Viertel des Zoos du Lunaret). Beide spielen Filme aus aller Welt in Originalsprache, die meist nur wenig von den Medien erwähnt werden. Filme, die durch ihre künstlerische Seite faszinierend sind, und/oder Filme, die tief unter die Haut gehen, die leise für etwas ganz Bestimmtes kämpfen. Auch bieten diese zwei Kinos regelmäßig Debattenabende an, die sich auf die Themen eines bestimmen Films beziehen, und bei denen, so wie bei den avant-premières, meist Mitglieder des Regie-Teams und manche der Darsteller teilnehmen. Der ebenso begehrte Ciné Club Jean Vigo bietet von Oktober bis Mai, ein Mal pro Woche, einen in der Geschichte des Kinos wichtigen Film, der zu dem von dem Club ausgesuchten Thema der Saison passt. 2013-2014 wurden zum Beispiel Filme bezüglich des Themas „reconstruction“ vorgestellt und danach debattiert. Dieses Jahr handelte es sich um „ruptures“, was nichts anderes als Bruch – Trennung bedeutet.
Wer jedoch an der vierten und sechsten Kunst mehr Interesse zeigt, kann in Montpellier auch einen schönen Abend verbringen. Ob in der Opéra de la Comédie, der Opéra Berlioz oder in einem der kleinen Theater der Stadt.
Anreise mit dem Zug
Montpellier hat Anschluss an den TGV, der von Paris etwa 3,5 Std. braucht. Der Bahnhof Montpellier-Saint-Roch ist direkt im Zentrum, nur 6 Gehminuten von der Place de la Comédie entfernt.
Anreise mit dem Auto
Das Zentrum ist Fußgängerzone, und die Parkhäuser in der Umgebung sind relativ teuer. Parken kann man gut in den Vierteln am Rand der Stadt, entweder bei der Université Paul Valéry – Zoo du Lunaret, oder auf der anderen Seite der Stadt, bei dem Shoppingzenter und Vergnügungsviertel Odysseum. Um in die Innenstadt zu gelangen, nimmt man dann die Tramlinie 1 Richtung Odysseum (von Zoo du Lunaret aus) oder Richtung Mosson (von Odysseum aus) etwa 20 Minuten lang nehmen.
- Das Fremdenverkehrsamt der Stadt bietet themenbezogene Besichtigungen das ganze Jahr lang an, für Montpellier selbst, oder die nahe Umgebung.
Nähere Informationen können finden Sie auf den Seiten des Tourismusbüros Montpellier
- Führungen finden ebenfalls im Musée Fabre statt. Informationen diesbezüglich, sowie der Workshops und Konferenzen, kann man dort nachlesen
- Neben dem Musée Fabre und dem Musée languedocien gibt es in Montpellier ebenfalls mehrere Museen bezüglich der medizinischen Geschichte der Stadt, die bereits im 12. Jahrhundert begann
Marie-Theres Werner
Sie lebt seit 2006 in Südfrankreich und schlenderte mehrere Jahre lang durch die Straßen Montpelliers, um jeden Winkel kennenzulernen und um das Leben dieser Stadt auf sich wirken zu lassen.