Lambrequin de fenêtre, Jalousienverkleidungen, was haben sie mit Eifersucht zu tun?

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Wenn man sich die historischen Gebäude in Lyon genauer ansieht, fallen einem aufwändig verzierte Jalousienverkleidungen am oberen Teil der Fenster auf.

Es gibt sie zwar auch vereinzelt in anderen Städten, aber so gehäuft wie in Lyon, vor allem in der neueren Altstadt mit den Gründerzeitbauten, hatten wir sie noch nie gesehen. Deshalb haben wir bei Anne Freund, der Projektmanagerin des Convention Bureau in Lyon nachgefragt und sie konnte uns aufklären:

Es handelt sich dabei um sog. Lambrequin de fenêtre, Jalousienverkleidungen, die ein typisches Gestaltungsmerkmal der Häuser in Lyon sind. Was diese Jalousien aber mit Eifersucht zu tun haben, lest ihr weiter unten 😉

Aufwändig verzierte Lambrequin-Verkleidungen an Gründerzeitgebäuden in Lyon © Siegbert Mattheis
Aufwändig verzierte Lambrequin-Verkleidungen an Gründerzeitgebäuden in Lyon © Siegbert Mattheis

Was sind Lambrequins?

Ein Lambrequin ist eine Zierblende in der Architektur. Lambrequins werden vorwiegend als Fenster- oder besser Jalousienverkleidung bzw. Zierblende eingesetzt, um Roll- oder Lamellenjalosien zu verbergen oder zu verkleiden.

Warum es diese Lambrequin vor allem in Lyon gibt, hat mit dem starken italienischen Einfluss auf die Stadt seit der Renaissance zu tun. 1536 unterstützte der französische König Franz I. die Seidenherstellung in Lyon, gewährte Patente an zwei italienische Händler aus dem Piemont und befreite sie von allen Steuern. Diese holten ihre Familien nach Lyon, weitere Italiener kamen ebenfalls und brachten z. B. die italienische Fayence-Kunst und andere handwerkliche Techniken wie die Herstellung von Lamellenjalousien in die Stadt. Diese sollen in Venedig erfunden worden sein (Jalousien werden im Französischen darum auch store vénitien genannt).

Lambrequin aus Gusseisen in Lyon © Siegbert Mattheis
Lambrequin aus Gusseisen in Lyon © Siegbert Mattheis

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Erste Rollläden im Barock

In der Zeit des Barock im 18. Jahrhundert entwickelten die Franzosen diese Jalousien weiter, die zunächst starr, aber später schon mittels Bändern zusammenziehbar waren, sog. Zug-Jalousien. Später wurden Jalousien entwickelt, die man durch eine Welle aufrollen konnte, sog. Roll-Jalousien. Daraus entstand dann der heutige Rollladen.

Diese Jalousien mit Lamellen aus Holz konnten von innen heruntergelassen werden und waren somit einfacher zu bedienen als die starren Holzläden, bei denen man erst das Fenster öffnen musste, um sie zu schließen.

Lammellen-Jalousien ermöglichten es erstmals, durch unterschiedliche Winkel der einzelnen Lamellen die Sonneneinstrahlung zu regulieren. Und bei regnerischem Wetter konnten die Fenster dennoch für eine Belüftung offen gehalten werden.

Allerdings waren sie im zusammengerollten Zustand etwas unansehnlich und auch den Witterungsbedingungen ausgesetzt. So verkleidete man sie zum Schutz vor Sonne und Regen zunächst aus bemaltem Holz, dem man das Aussehen eine Schabracke, also einem ursprünglichen Stoffvorhang gab, (lambrequin kommt von franz. lambeau für Lappen oder Lumpen) mit geschweiften, zacken- oder zungenförmigen Mustern. Später wurden sie dann aus Eisen, Gusseisen oder Blech und je nach verfügbarem Einkommen mehr oder weniger stark verziert hergestellt.

So findet ihr Lambrequin-Verkleidungen nicht nur an den prächtigen Gebäuden aus der Gründerzeit im heutigen Stadtzentrum zwischen Rhône und Saône, sondern auch schon in der Altstadt an alten barocken Gebäuden.

Heute ist die Pflege und Erhaltung dieser dekorativen Motive sogar Teil der Erhaltung des Petit patrimoine. Sie bilden eine echte lokale architektonische Identität.

Einfache Lambrequins aus Holz in Schabracken-bzw. Baldachinform © Siegbert Mattheis
Einfache Lambrequins aus Holz in Schabracken-bzw. Baldachinform © Siegbert Mattheis
Lambrequins findet man auch an alten Gebäuden in der Altstadt von Lyon © Siegbert Mattheis
Lambrequins findet man auch an alten Gebäuden in der Altstadt von Lyon © Siegbert Mattheis

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Woher kommt das Wort Jalousie?

Der Ursprung der Jalousien liegt schon in der Römerzeit, als Holz-Klappläden als Sicht- und Wetterschutz dienten. Später gelangte das Wissen über Persien (im Französischen sagt man zu Jalousien auch persienne) nach Arabien. Dort wurden sie von eifersüchtigen Herrschern u.a. auch als Fenstergitter im Harem verwendet, um zu verhindern, dass die Frauen von außen durch andere Männer beobachtet wurden. Andererseits konnte man auch hinaussehen, ohne selbst gesehen zu werden.

Der maurische Einfluss in Spanien brachte diese praktische Fensterverkleidung schließlich in das aufstrebende Italien in der Renaissancezeit, wo sie gelosia genannt wurde und im Französischen zu jalousie wurde. Aufgrund der Herkunft stehen das Wort in beiden Sprachen auch für Eifersucht, Neid oder Missgunst; auch das englische Wort jealousy stammt daher 😉

Siegbert Mattheis

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