Habt ihr die köstlich-erfrischenden weißen Anisbonbons schon einmal probiert? Es sind die ältesten Bonbons Frankreichs mit einer über tausendjährigen Geschichte. Als eine der ersten Süßigkeiten in Automaten wurde Anis de Flavigny® schon 1940 in der Pariser Metro verkauft.
Was sind Anis de Flavigny?
Es sind weiße, runde, etwa erbsengroße Dragées aus Zucker, die ein einzelnes Aniskorn umhüllen. Sie haben schon Könige beglückt (Ludwig XIV., der spätere Sonnenkönig, naschte sie liebend gerne) und es wurden Päpste mit ihnen bestochen (Papst Johannes XIII. soll schon im Jahr 878 ganze 8 Pfund Anisbonbons von Mönchen geschenkt bekommen haben). Darüber hinaus dienten sie den Franzosen auch schon mal als Goodie für Friedensverhandlungen mit den Engländern 1763. Von Anfang an und bis heute werden die weißen Bonbons ausschließlich im kleinen Dorf Flavigny-sur-Ozerain im Burgund produziert.
Ihr könnt die Produktionsstätte in der alten Abtei gerne besuchen, Tipps und Öffnungszeiten seht weiter unten.
Wie werden die Anisbonbons Anis de Flavigny hergestellt?
In einem 15 Tage dauernden Prozess wird ein millimetergroßes Anissamenkorn nach einer geheimgehaltenen Rezeptur (deswegen dürft ihr auch keine Aufnahmen bei einer Führung machen) mit fein aromatisiertem Zuckersirup umhüllt. Das geschieht seit mehr als einhundert Jahren in sich drehenden Drageetrommeln aus Kupfer mit über einem Meter Durchmesser. Dabei erhält jedes Aniskorn immer mehr dünne Schichten aus Zucker, bis es die Form und Größe einer Perle bekommt. Dieser Prozess wird genauestens von ausgebildeten Fachleuten überwacht.
Gibt es nur Bonbons mit Anisgeschmack?
Nein, ihr könnt aus vielen Geschmacksrichtungen euer Lieblingsbonbon auswählen, denn neben dem Anis-Geschmack gibt es die Perlen auch mit den Aromen von Eukalyptus, Minze, Zimt-Orange, Zitrone, Mandarine, schwarzer Johannisbeere, Rose, Veilchen, Kaffee, Lakritz und Ingwer. Die natürlichen Geschmäcker der Anis de Flavigny Bonbons sind mal dezent, mal kräftig, mal blumig, fruchtig oder würzig. Auch eine Bio-Serie gibt es in fast allen Aromen. Diese Bio-Bonbons werden mit Rohrzucker hergestellt und sind leicht bernsteinfarben. Somit unterscheiden sie sich in ihrer Farbe vom charakteristischen Reinweiß des Rübenzuckers, der für die Herstellung der klassischen Bonbons verwendet wird.
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Wie isst man die Anisbonbons?
Kenner lassen jeweils zwei Anis de Flavigny® auf der Zunge zergehen, um die in der Mitte der Bonbons versteckten Anissamen zu entdecken. Aber ihr könnt natürlich auch immer nur eins lutschen. Aber ihr solltet auf keinen Fall draufbeißen, denn sie sind extrem hart!
Wofür sind Anisbonbons gut?
Dass grüner Anis bei Magenbeschwerden und Husten hilft, wusste man schon in der Antike. Aus diesem Grund ließ schon Cäsar seine Legionen Anissamen aus Spanien auf die Feldzüge gegen die Gallier mitnehmen. So kamen sie auch nach Flavigny, denn Cäsar schenkte seinem Getreuen Flavinius das Land, das heute nach ihm benannt ist. Die antike Stätte Alesia (den Älteren unter euch sicher aus der Comic-Serie Asterix und Obelix bekannt), liegt nur 6 km von Flavigny entfernt. Dort musste sich der gallische Heerführer Vercingetorix nach einer blutigen Schlacht und der Belagerung durch die römischen Truppen von Cäsar geschlagen geben.
Grüner Anis (nicht zu verwechseln mit Sternanis), Pimpinella Anisum, wird etwa 50 bis 80 cm groß. Er stammt ursprünglich aus Spanien. Die kleinen weißen Blüten der Pflanze wachsen in Dolden. Sie blühen Ende des Sommers und tragen intensiv duftende Früchte.
Warum werden die Bonbons in einer Abtei produziert?
Der Ursprung der Anisbonbons reicht ins Jahr 812 zurück, als Karl der Große befahl, dass der grüne Anis von Klöstern angebaut werden sollte. Findige Benediktinermönche in der 719 gegründeten Abbaye de Flavigny kamen alsbald auf die Idee, den Anis mit Zucker zu umhüllen, um ihn schmackhafter zu machen. So begann allmählich die Produktion in der Abtei in Flavigny. Und seit 1591 werden die Anisbonbons nach dem gleichen Rezept hergestellt. 1792 wurde die Abtei jedoch durch die Wirren der Französischen Revolution zum Teil zerstört und die Mönche waren gezwungen, sie zu verlassen. Aber einige Einwohner von Flavigny wollten nicht auf die begehrten Anisbonbons verzichten und begannen, sie selbst herzustellen. Die meisten nutzten dafür weiterhin die verbliebenen unzerstörten Räume der Abtei. 1896 kaufte Monsieur Galimard das Klostergebäude, zahlte die anderen Fabrikanten im Dorf aus und verlegte die gesamte Produktion der Anisbonbons in die Abtei. 1923 wurde diese wiederum an Jean Troubat verkauft, dessen Familie die Firma heute mit 30 Mitarbeiter:innen unter Leitung von Catherine Troubat in der 3. Generation führt.
Die Liebe zwischen einem Schäfer und einer Schäferin
Jede Dose in der typisch ovalen Form trägt eine Illustration eines der über die Jahrhunderte wechselnden Hersteller der Anisbonbons. Die Neugestaltung der Dosen stellte für Catherine Troubat die beste Möglichkeit dar, den lebendigen Charakter dieser Tradition und die hervorragende Arbeit aller vorherigen Generationen hervorzuheben. Und das Hauptmotiv auf den Dosen erzählt immer noch die schöne Liebesgeschichte zwischen einem Schäfer und einer Schäferin aus Flavigny. Was genau hinter dieser Geschichte steckt, wird hier aber nicht verraten 😉
Besuch in der Krypta der Abtei de Flavigny
Den kostenlosen Besuch der Krypta solltet ihr euch nicht entgehen lassen. Schon beim Betreten der zwei karolingischen Kapellen taucht ihr unmittelbar in die Vergangenheit ein. Denn die Geschichte der Abtei begann hier schon im Jahr 719 unter der Herrschaft von Pippin dem Jüngeren. Hier findet ihr Überreste der alten Abteikirche und Zeugnisse des Mittelalters. Auf kleinstem Raum treffen galloromanische, romanische und gotische Kunst aufeinander.
Tipps und Öffnungszeiten:
Anis de Flavigny® ist ganzjährig geöffnet.
- Die Dragierwerkstatt kann kostenlos von Montag bis Freitag besichtigt werden
- Für Einzelpersonen und Gruppen: am Vormittag von 9:00 bis 11:30 Uhr.
- Für Gruppen kann auch am Nachmittag reserviert werden.
- Geschlossen an Wochenenden, Feiertagen und in den Weihnachtsferien.
- In der Abtei gibt es natürlich auch eine Boutique mit Verkostung, ein Café sowie das Museum der Anisbonbons.
Mehr Infos auf Website der Anis de Flavigny®
Viel Spaß beim Lutschen der köstlichen Bonbons!
Siegbert Mattheis