Die Moka Express Espresso-Kanne von Bialetti: Das Kultobjekt aus Italien!

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Die ikonische Moka-Express-Kanne durfte früher in keiner Studenten-WG fehlen. Und für viele ist sie auch heute noch der Inbegriff des italienischen “dolce far niente”, des “süßen Nichtstuns”. Dabei hat dieser Designklassiker in seiner Entstehungsgeschichte gerade mit dem Gegenteil zu tun: mit dem  Geschwindigkeitsrausch der Kunstbewegung “futurismo” und gleichzeitig auch den Unabhängigkeitsbestrebungen des italienischen Faschismus’

Espressokanne aus Aluminium
Die Designikone Bialetti Moka-Express © Bialetti
Comiczeichnung kleiner Mann mit Schnurrbart und erhobenem Finger
Das Moka-Express-Bialettilogo nach einer Karikatur von Renato Bialetti © Foto: Siegbert Mattheis

Kaffee trank man früher nur im Caffè

Im Italien der 20er-Jahre des letzten Jahrhunderts war die Kultur des Kaffeetrinkens auf öffentliche Kaffeehäuser beschränkt. Es gab nur wenige “Kaffee-Aufbrüh-Apparate” für den privaten Haushalt, und wenn, dann ähnelten sie Teekochern, in denen heißes Wasser langsam auf die gemahlenen Kaffeebohnen tropfte. Das “Caffè” war zudem der Ort, an dem viele neue gesellschaftliche und politische Bewegungen ihren Ursprung hatten. Das Coffein des “schwarzen Wassers” (Balzac) wurde assoziiert mit Kreativität, Agitation und Aktivität.

Espressotasse mit kleinem Keks
Typisch italienischer Espresso in einer vorgewärmten, dickwandigen Tasse © Siegbert Mattheis

Futurismus in den 1920er Jahren

In den Aufbruchsjahren nach dem 1. Weltkrieg sah man die Hoffnung in den vielfältigen technischen Neuerungen, die das Leben besser, einfacher, aber auch schneller machen sollten. Sie waren der Motor für die aufblühende Wirtschaft und außerdem die Grundlage kultureller Strömungen, wie des “futurismo”, Scharfkantige, dynamische Skulpturen und mechanisch anmutende Bilder von Menschen in der Stadt, in Hektik und Betriebsamkeit sollten den Glauben an eine bessere Zukunft durch maschinellen Fortschritt und Geschwindigkeit vermitteln. In den Kaffeehäusern verlangte man bald nach einem schnellen, einem “Express-Kaffee”, der der Hyperaktivität des neuen Lebensstils entsprach.

Aluminium als Grundlage des Designs

Die Hoffnung auf ein besseres, moderneres Leben spülte so leider auch Mussolini und seine “fascisti” 1923 an die Macht. Arnoldo Mussolini, der Bruder des “Duce”, formulierte in einer seiner Reden: “Wie das 19. Jahrhundert das Jahrhundert von Schwermetall und Kohle war, wird das Zwanzigste das von Leichtmetallen, Elektrizität und Öl werden. Wenn wir in Italien auch kein Eisen haben, so haben wir doch Aluminium!” Aluminium versprach, das Metall der Zukunft, speziell der italienischen zu sein, und wurde durch Mussolinis Streben nach Unabhängigkeit von Ressourcen von den Faschisten extrem gefördert. Den Vorrat an Kaffeebohnen sicherte sich Mussolini durch die Invasion von Äthiopien, dem damals neben Brasilien vorherrschenden Kaffeelieferanten.

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1933 war die Geburt der Moka-Express-Kanne

Coffein, Aluminium, Futurismus und der Wunsch nach einem Express-Kaffee: Alfonso Bialetti, der zuvor in einer Aluminiumfrabrik gearbeitet hatte, erfand 1933 die “Moka-Express” Kanne in Aluminium und futuristischem Design. Das ausgeklügelte, aber simple System presste das Wasser nur durch den geringen Dampfdruck in der Kanne durch den Kaffee und lieferte so in wenigen Minuten einen herrlichen Espresso. Damit hatte Alfonso Bialetti die einfachste Kaffeemaschine aller Zeiten erfunden. Allerdings verkaufte er die Kanne ausschließlich auf regionalen Märkten. Erst sein Sohn Renato erkannte nach dem Zweiten Weltkrieg das Potenzial der Moka Express, meldete ein Patent an und vermarktete sie professionell. Das Logo der Firma Bialetti, “der kleine Mann mit Schnauzbart”, entwarf 1958 der italienische Comic-Zeichner Paul Campani als liebevolle Karikatur von Renato Bialetti selbst.

Mittlerweile in über 200 Millionen Exemplaren produziert, ist die Moka-Express-Kanne in über 90% aller italienischen Haushalte zu finden, ob auf der elektrischen Herdplatte oder auf dem Gaskocher.

Espresso oder “Expresso”?

Manchen Urlaubern in Italien ist wohl immer noch die Moka-Express-Kanne untrennbar verbunden mit einem Espresso und bestellen daher oft einen “Expresso”, was italienische Kellner mit einer Aufforderung, ihn “aber sofort” zu servieren, gleichsetzen und dementsprechend genervt reagieren. Die Bezeichnung “espresso” bedeutet nämlich im Ursprung “Herausdrücken” und hat lediglich durch seine Geschichte bedingt etwas mit “Express” zu tun 😉

Siegbert Mattheis

Moka-Express von Bialetti

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