Eine schwimmende Chaiselongue aus Marmor, einzigartig polygon geformte Möbel, Marmorkugeln als Lichtquelle, aus 20.000 einzelnen Holzquadern zusammengesetzte Tische mit Trompe-l’œil-Effekt, Schreibtische aus recyceltem Holzresten … Möbel- und Einrichtungsdesign aus Apulien setzt Maßstäbe!
Italienisches Design, Möbel und Einrichtungsgegenstände
Wenn wir an italienisches Design denken, kommen uns als Erstes vielleicht – neben den bekannten Modemarken – Namen wie Alessi, Olivetti, Ferrari, Riva oder die Moka-Express-Kanne von Bialetti n den Sinn. Vor allem das norditalienische Mailand steht sinnbildlich als Zentrum für Design in Italien.
Aber auch in anderen Regionen Italiens produzieren viele kleine Einzel- und Familienunternehmen hervorragendes modernes Design. Möbel und andere Einrichtungsgegenstände, Schmuck, Keramik und Geschirr, Bodenfliesen, Designobjekte, Dekoration, Beleuchtung oder Kunstgegenstände. Vor allem in Apulien erobern junge Designer:innen mit ihren Ideen und modernen Fertigungsmethoden zunehmend den Markt.
Italienisches Einrichtungs- und Möbeldesign aus Apulien
Wir haben auf der Designmesse Artifex in Bari diese neue Generation von Designer:innen kennenlernen können und möchten euch einige davon vorstellen. Alle gehörten zu den zwanzig wegen hoher Qualität und neuartigem Design ausgezeichneten Firmen auf der Messe:
Dimarmo, schwimmende Chaiselongue aus Marmor
Als die junge Designerin Sissy Daniele auf die erfahrene Marmorspezialistin Lilly Falcone traf, war ein Traum-Duo geboren. Denn Sissy hatte viele Ideen und Lilly konnte sie in Marmor umsetzen. “Unmögliches möglich machen” lautet daher ihr gemeinsames Credo. Zum Beispiel eine elegante Chaiselongue aus Marmor, die im Pool schwimmt!
Oder Regale, die aus einem Gemälde von de Chirico entsprungen sein könnten. Oder eine riesige Sanduhr aus Marmor, die tatsächlich als solche funktioniert. Alle Stücke ihrer Kollektion sind handgefertigte Unikate und zeichnen sich durch geometrische und monolithische Formen aus, die die Maserung des wertvollen Steins zur Geltung bringen. Und dabei wird in der Fertigung großer Wert auf Nachhaltigkeit gelegt, indem das Wasser in einem Kreislauf wieder genutzt wird oder die Energie aus Sonnenkollektoren gewonnen wird. Ihre Produkte zieren inzwischen den Palazzo Versace in Dubai oder Luxuswohnungen in New York.
Den Namen dimarmo (aus Marmor) gaben sie sich aus guten Grund, denn zu oft hörten sie die ungläubig erstaunte Frage “Ist das wirklich aus Marmor?”
Ro.Mar, Lampen aus Stein
Nicht weniger Erstaunliches gelingt dem jungen Designer Giacomo Rollo. Er kannte Marmor in seiner Kindheit vor allem von Friedhöfen und so in Verbindung mit Tod und Kälte. Er aber wollte dieses Material zum Leben erwecken, ihm Wärme einhauchen. Er übernahm das 1978 von seinem Großvater in Lecce gegründete Unternehmen, stattete es mit neuester Robotertechnologie aus und kreierte z. B. Lampen aus Travertin! Denn die Maschinen konnten Stein präzise aushöhlen und die Wände so dünn halten, dass sie einen Lampenschirm abgeben. Darauf konnte Giacomo Rollo sogar ein Patent anmelden.
Als ein weiteres ungewöhnliches Produkt entwickelte er einen akustischen Verstärker ausschließlich aus Carrara-Marmor. Man legt nur sein Smartphone oben auf die Muschel und hört einen genialen Sound durch das ultradünne Steinmaterial. Ein rein natürliches Grammophon 2.0! Oder eine weitere Lichtquelle aus griechischem Marmor in Form eines Sarazenenturms, Diamoni’ (gr. “bleiben”). Inspiriert von den charakteristischen Wachtürmen, die entlang der Küste des Salento verstreut sind. Sie entstand aus dem Bedürfnis, auf moderne und innovative Weise die Ausdauer und Unverwüstlichkeit der Region sowie den Geist der Menschen, die dort leben, zu vermitteln.
Scamarcia Design, polygone Möbel
Der 1982 geborene Claudio Scamarcia hatte seine Leidenschaft für Metall und Holz in der Schmiede-Werkstatt seines Vaters entdeckt. Dort verbrachte er nahezu seine ganze Kindheit im Kontakt mit Holz, Eisen und dem Handwerkszeug, wie er erzählt. Heute nutzt er 3D-Technologie für seine ausgefallenen Metallkreationen. In der Ideenfindung visualisiert er seine Modelle mit Hilfe von Bio-Kunststoff aus Maisabfällen im 3D-Drucker.
So entstehen außergewöhnliche, meist polygone Möbel wie Tische, Konsolen, Kunst- und Dekorationselemente. Sein Bestseller ist eine Konsole aus sich überkreuzenden und geschwungenen Eisenelementen, die in ihrer schlichten Form wunderbar elegant daherkommt. Sie können Wunschanfertigungen bei ihm bestellen (gerne auf Englisch). Aber, so gesteht er mit einem bedauernden Lächeln, die Fertigung könne bis zu einem Monat dauern. Denn seine Firma besteht nur aus ihm und seiner Frau. Aber alles ist garantiert als Einzelanfertigung liebevoll handgemacht:
Marzo Arreda, unkonventionelles Holzlaboratorium
Salvatore Marzo träumte als Sohn eines Bauern bereits mit 13 Jahren davon, sich mit Holzdesign selbstständig zu machen. Nur wenige Jahre später ließ er seinen Traum wahr werden. Seit 1982 stellt er nun künstlerische Produkte und Möbel nach Maß her, ausschließlich Made in Italy und alles handgefertigt.
Ihm zur Seite steht die junge, 1993 in Istanbul geborene Produkt-Designerin Su Onaran zur Seite. Sie machte 2015 ihren Abschluss in Produktdesign am Europäischen Institut für Design in Mailand und arbeitete bereits mit renommierten Luxusmarken wie Prada, Miu Miu, Moncler, Off-White, Guess und Liu Jo zusammen.
Gemeinsam mit ihr produziert Salvatore Marzo ungewöhnliche Holzmöbel und Holzverkleidungen, künstlerische Produkte und Möbel nach Maß. Highlight ist u.a. die Wandverkleidung “Radici” (dt. Wurzeln) in Wellenform, das auch an die Furchen erinnert, die ein Pflug in der Erde hinterlässt. Die Oberflächenbehandlung erfolgt mit ökologischem, transparentem Lack auf Wasserbasis. Oder das patentierte Modell “Optic”, das aus bis zu 20.000 Einzelteilen für einen repräsentativen Tisch besteht. Alle einzeln von Hand durch durch erfahrene Tischlermeister zusammengesetzt!
Gerne aber setzt Salvatore Marzo Möbel und Wandverkleidungen auch nach Ihren Ideen und Anforderungen um.
Legno di Puglia, Möbel aus Holzabfällen
Die Leidenschaft von Semmy Marziliano und Vincenzo Rizzi galt schon immer dem Werkstoff Holz. Beide sind Designer und Inhaber der kleinen Firma aus Bitetto in der Region Bari. Sie haben sich auf Möbel und Designobjekte aus Walnuss, Eiche, Eukalyptus oder Olivenbaumholz spezialisiert. Dabei muss dafür kein Baum gefällt werden, sondern sie nutzen nur die Holzreste. Denn 2013 befiel das Bakterium Xylella riesige Olivenbaumfelder und führte zum Absterben unzähliger Bäume. Siehe auch unseren Beitrag Olivenfelder Apulien.
Jede Kreation ist ein Unikat, bei dem man im Holz Geschichten lesen und wahrnehmen kann. Und jedes Einzelstück wird mit einer Seriennummer und dem Namen der Holzart versehen. Die beiden Designer haben auch eine Methode entwickelt, die die Oberflächen ungemein glatt werden lässt. Und sollten einmal zu viele unschöne Gebrauchsspuren entstanden sein, garantieren sie das kostenlose Wiederaufarbeiten!
Designermesse Artifex in Bari, Apulien
Die Designmesse Artifex wird von der Region Apulien gemeinsam mit der Unioncamere Puglia gefördert. Die Italienische Handelskammer München-Stuttgart ITALCAM hatte uns und weitere deutsche Fachbesucher in Kooperation mit der Region Apulien im Februar 2023 nach Bari eingeladen.
Siegbert Mattheis