Garum, die antike römische Würzsauce gibt es nach über 1.500 Jahren wieder zu kaufen! Ganz neu – und natürlich frisch! 😉 Mehr dazu weiter unten.
Was ist Garum?
Garum ist eine Würzsauce aus fermentierten Fischen, vorwiegend aus Sardinen. Garum war zwar schon im antiken Griechenland und bei den Phöniziern bekannt, aber die Römer hatten das geniale Würzmittel weiterentwickelt und perfektioniert. Es wird in manchen Quelle auch als Liquamen bezeichnet.
Wie schmeckt Garum?
Garum ist weder süß noch salzig, weder sauer oder bitter, sondern eben umami; “wohlschmeckend“, “köstlich und würzig“, (so die Übersetzung des japanischen Ausdrucks). Die Würzsauce schmeckt überraschenderweise weder extrem salzig noch fischig, wie man es etwa von einer asiatischen Fischsauce her kennt. Sie erinnert eher an Parmesan.
Wie wurde Garum hergestellt?
Die genaue Herstellungsmethode konnte aus verschiedenen historischen Quellen und archäologischen Funden einigermaßen rekonstruiert werden:
- In etwa 1,5 x 2 Meter großen, 1 Meter tiefen, rechteckigen Becken (cetariae) aus Stein wurden kleine Fische wie Sardinen, Sardellen oder Makrelen, aber auch Thunfisch gründlich zerkleinert und am Boden geschichtet.
- Darauf kam eine Schicht Salz und darüber ebenfalls wieder eine Lage Fische. Das Verhältnis von Salz zu Fisch war etwa 1:4. Das wurde so lange wiederholt, bis die Becken voll waren. Manchmal wurden auch weitere Kräuter wie Rosmarin oder Koriander hinzugefügt, um unterschiedliche Geschmacksrichtungen zu erzielen.
- Die Becken waren mehrere Monate der Sonne ausgesetzt, die die natürliche Fermentation förderte. Während der Gärung setzte eine enzymatische Zersetzung der Fischinnereien ein, bei der die Proteine und anderen Bestandteile abgebaut wurden und langsam eine flüssige Masse entstand.
- Nach der Gärungszeit wurde diese Flüssigkeit mehrfach gefiltert, bis sie klar und bernsteinfarben schillerte. Anschließend wurde sie in speziellen Amphoren abgefüllt und ins gesamte Römische Reich exportiert.
Wo wurde Garum produziert?
Überall an den Küsten des Römischen Reiches, vorwiegend in den Gegenden mit reichen Sardinenvorkommen. Insbesondere im heutigen Portugal entstanden die wichtigsten Produktionsstätten. Vor allem in Olisipo (Lissabon) und auf der Halbinsel Tróia bei Setúbal.
Diese Fischfabriken waren die größten im Römischen Reich. Das dort produzierte Garum erzielte Höchstpreise auf den Marktplätzen in Rom und im gesamten restlichen Imperium.

Wie teuer war Garum bei den Römern?
Es war das wertvollste Gewürz des Römischen Reiches, voller Umami und entsprechend teuer. Plinius der Ältere schreibt in seiner Naturalis historia von 1.000 Sesterzen pro Liter (nach heutigen Maßstäben etwa 1.500 bis 3.000 Euro). Ein Maulesel kostete die Hälfte. Für einen Legionär war es etwa das Dreifache seines Monatsgehalts. Am teuersten war damals Garum aus Thunfisch aus Byzanz.
Garum-Händler wie Aulus Umbricius Scaurus zählten zu den ersten Millionären. Transportiert, auf Schiffe verladen und exportiert wurde Garum vorwiegend in Amphoren wie die Typen Almagro 50 und 51c.
Garum heute aus Portugal
Das Projekt Selo de Mar aus Lissabon stellt nun dieses köstliche Würzmittel wieder wie nach antiker Tradition her. Wir entdeckten die kleinen Fläschchen im Restaurant Can The Can am Praça do Comércio in Lissabon. Es hat sich darauf spezialisiert, die portugiesische Tradition der Fischkonserven in ein neues, einzigartiges Küchenkonzept zu übertragen. Hier erfuhren wir von Tiago Perestrelo, der gemeinsam mit Mariana Motta Veiga von Anfang an in das Projekt involviert war, wie es dazu kam, dass Garum heute wieder hergestellt wird.
Die Pandemie war schuld
„Das Projekt begann während der Pandemie, als wir uns für verschiedene Techniken der Fischkonservierung interessierten. So begannen wir, über Garum zu recherchieren und beschlossen, unsere ersten Experimente mit dieser fermentierten Fischsauce zu machen,“ erzählt er uns.
Wiedergeburt der Werkstätten in Tróia
Und es war naheliegend, dass sie es in den antiken cetariae in Tróia ausprobierten. Denn dort hatten Archäologen an die 25 antike Werkstätten freigelegt, die im Römischen Reich die begehrte Fischsoße herstellten. Darunter befanden sich auch noch intakte Steinbecken, in denen vor knapp 2.000 Jahren bereits Garum gebraut wurde. In Zusammenarbeit mit den Archäologen hatten sie die Würzsauce in einem der Becken versuchsweise mit 400 Kilogramm Sardinen angesetzt. Damit das Garum durch den inzwischen porösen Zement nicht verunreinigt würde, hatten sie es mit Kunststofffolie ausgekleidet. Die größte Herausforderung war es jedoch, die Temperaturen von 23 bis 27 Grad Celsius einzuhalten. Zur Sicherheit hatten sie dafür mit Biologen zusammengearbeitet. Und das Ergebnis kann sich sehen – und schmecken lassen 😉 !
Nun wird zum ersten Mal seit über 1.500 Jahren wieder in einem der ursprünglichen Tanks in der archäologischen Stätte von Tróia Garum hergestellt. Im einstmals größten Fischsalzzentrum des Römischen Reiches – und jetzt auch in der eigenen Produktions- und Forschungseinrichtung von Selo de Mar.
Restaurant Selo de Mar in Sétubal
Dazu passend hat Selo de Mar im aufstrebenden Sétubal (ausgesprochen S’tubal) am alten Fischerhafen im Mai 2025 ein Restaurant eröffnet. Und gleich daneben auch den allerersten Garum-Laden seit dem Römischen Reich!
An der Spitze der Küche steht Küchenchef Pedro Almeida, der mit seinen gerade einmal 32 Jahren eine bemerkenswerte Energie und Neugier einbringt. Er nimmt jede Herausforderung mit einer neuen Perspektive an, vertieft das erworbene Wissen und verleiht allem, was er unternimmt, Wert und Leidenschaft. Seine Vision passt perfekt zum Geist des Selo de Mar: verwurzelt in der Tradition, aber in ständiger Entwicklung durch Forschung, Kreativität und Respekt für die Zutaten.
Wie verwendet man Garum?
Garum verleiht jedem Rezept eine einzigartige Geschmackstiefe und ist damit ein unverzichtbares Gewürz für alle kulinarischen Liebhaber:innen.
Zum Kochen
Einige Tropfen Garum könnt ihr schon während des Kochens in die Speisen geben. Es wirkt als Geschmacksverstärker und verleiht Suppen, Reis-, Nudel-, Fleisch- und Fischgerichten Tiefe und Komplexität.
Zum Würzen
Würzen ist mehr als nur um das Hinzufügen von Geschmacksnuancen – es geht darum, Harmonie und Ausgewogenheit in einem Gericht zu schaffen. Um das Umami-Potenzial von Garum optimal zu nutzen, sollte man zunächst seine einzigartige Rolle bei der Intensivierung des Geschmacksempfindens verstehen.
Am besten fängt man mit zwei oder drei Tropfen an. Dann passt man es nach und nach an den eigenen Geschmack an, damit die Aromen harmonieren und sich perfekt vermischen können.
Zum Marinieren
Während des Marinierens reichert Garum die Zutaten mit einem intensiven Geschmack an. Man kann es mit Gewürzen, Kräutern und Zitrusfrüchten für Fleisch- oder Meeresfrüchte-Rezepte kombinieren. Für Gemüse kann man Garum in Olivenöl oder Essig einlegen. Jeweils kurz marinieren lassen, damit sich die Aromen vermischen und das ultimative Umami-Kocherlebnis perfekt wird.
Viele weitere Rezepte findet ihr auf der Rezepteseite von Selo de Mar.
Gibt es Garum auch vegetarisch?
Ja! Die Sorte Garum de Pollén wird aus Blütenpollen hergestellt. Diese, auch Bienenpollen genannt, sind ein natürliches Antioxidans, reich an Proteinen, essenziellen Aminosäuren und Kohlenhydraten. Ein Superfood mit einem hohen Nährstoffgehalt. Es kann sogar belebend wirken und die Stimmung aufhellen. Und – obwohl es schwer vorstellbar ist – Garum aus Pollen ist unglaublich aromatisch!
Kann man Garum kaufen?
Ja. Aber zurzeit nur im Shop von Selo de Mar aus Lissabon. Oder direkt vor Ort im Restaurant CanTheCan in Lissabon oder neuerdings auch in Sétubal.
Wie lange ist Garum haltbar?
Etwa 2 Jahre. Angebrochenes Garum sollte man anschließend im Kühlschrank aufbewahren.
Kann man Garum auch selbst herstellen?
Ja, das geht. Dazu findet man einige Anleitungen bei Youtube. Aber der Prozess ist nichts für empfindliche Nasen. Nicht umsonst hatten schon die Römer die Produktionsstätten weit außerhalb der Städte angelegt 😉
Über 2.000 Jahre Garum
Früher wurden die Fischsauce in riesigen Amphoren mühselig über Frachtschiffe transportiert. Heute ist sie in handlichen Flakons abgefüllt und lässt sich auch in kleinsten Koffern verstauen.
Viel Spaß beim Probieren!
Siegbert Mattheis
Siegbert Mattheis, Jahrgang 1959, ist seit seinem ersten Italienaufenthalt 1977 vom mediterranen Lebensgefühl begeistert. Seitdem bereist er mehrmals im Jahr die Länder rund um das Mittelmeer. Nach seinen Studien Kommunikationsdesign, Philosophie, Wissenschaftstheorie und Kunstgeschichte gründete er eine Werbeagentur, die er seit 1998 gemeinsam mit seiner Frau Claudia Mattheis führt. 2002 bauten beide gemeinsam Ambiente–Mediterran.de auf, das inzwischen größte Lifestyle-Magazin rund um die mediterrane Kultur. Darüber hinaus ist er Fachjournalist und Fotograf, begeisterter Hobbykoch und Liebhaber stilvoller Einrichtung. Gründliche Recherche und Liebe zum Detail gehören zu seinen Leidenschaften. Mit seiner Frau lebt er in Berlin Prenzlauer Berg.