Eine Weinverkostung darf bei einem Besuch der faszinierenden Region Burgund nicht fehlen. Aber wie läuft so eine Verkostung eigentlich ab? Und worauf sollte man achten, um die Weine richtig zu beurteilen?
Wie läuft eine Weinverkostung ab?
Eine Weinverkostung ist nichts Verkopftes, sondern macht einfach Spaß, wenn man Wein mag. Man muss auch kein Experte sein und sofort die Hanglage und den Jahrgang herausschmecken (das können sowieso wenn dann nur ausgebildete Sommeliers und Sommelières nach vielen Jahren der Verkostung). Degustationen beginnen meist mit einem Crémant oder einem frischen Weißwein, bevor es zu den komplexeren Rotweinen geht.
Kenner wie der Sommelier Bernhard Moser empfehlen, einen Schaumwein in die Mitte der Rotweinverkostung zu legen, besonders wenn man viele schwere Rotweine trinkt. Das holt einen noch mal ins Leben zurück 😉 . In der Sommeliersprache nennt man das “Reparaturschluck”.
Viele Winzer:innen erklären gerne, was hinter dem Wein steckt: Rebsorte, Jahrgang, Ausbau, z.B im Holzfass und natürlich das Terroir. Mehr dazu weiter unten.
Wie verkostet man Wein richtig?
1. Sehen
Haltet das Glas gegen das Licht. Achtet auf die Farbe und Klarheit. Ein junger Pinot Noir hat meist eine helle, rubinrote Farbe, ein Chardonnay aus dem Eichenfass ist eher goldgelb.
2. Riechen
Schwenkt das Glas leicht und riecht daran. Was nehmt ihr wahr? Früchte, Gewürze, Holznoten? Je öfter ihr das macht, desto geschulter wird eure Nase. (Und glaubt uns, das wird mit der Zeit richtig spannend!)
3. Schmecken
Nehmt einen kleinen Schluck, verteilt ihn im Mund, saugt etwas Luft ein (ja, das sieht etwas albern aus, hilft aber enorm!) und achtet auf:
- Säure: Frisch oder zu dominant?
- Tannin: Pelzig auf der Zunge? Sanft oder kräftig?
- Körper: Leicht, mittel oder voll?
- Länge: Wie lange bleibt der angenehme Geschmack im Mund?
- Abgang (das Gefühl im Rachenraum): Ist der Geschmack sauber, alkoholisch, wird er eventuell bitter?
Wie bewertet man einen Wein?
Viele Profis arbeiten mit einer 100-Punkte-Skala oder einer 20er-Skala, aber ihr könnt euch auch an ein einfaches System halten:
+ gefällt euch
++ würdet ihr kaufen
+++ absoluter Lieblingswein
Wichtiger als alle Punkte: Schmeckt euch der Wein oder nicht? Denn am Ende zählt euer persönlicher Eindruck und Geschmack.
Geschmack hängt auch von der Stimmung ab
Dabei sollte man allerdings beachten, dass Geschmack auch von der persönlichen Stimmung, der Umgebung und sogar von der Tages- und Jahreszeit abhängt. Das erklärt auch gut, warum ein im Urlaub gekaufter Wein zuhause nicht immer genauso (gut) schmeckt.
Worauf sollte man bei einer Weinprobe achten?
- Am besten vorher eine Kleinigkeit essen.
- Auf Parfum verzichten – für die eigene Wahrnehmung und auch für die Mitverkostenden.
- Nicht zu viel trinken – probieren heißt nicht unbedingt austrinken. In die bereitgestellten Spucknäpfe könnt ihr den Wein wieder ausspucken oder den Rest aus dem Glas zurückgießen.
- Wasser und Brot oder ungewürzte Cracker neutralisieren den Geschmack.
- Fragen stellen! Die Winzer:innen freuen sich über echtes Interesse.
- Notizen machen, damit ihr später noch wisst, welcher Wein euch begeistert hat (nach dem dritten Glas verschwimmt sonst gerne mal alles 😉 .
Mehr über Wein erfahren könnt ihr auch bei einem Weinseminar, wie z.B. von Bernhard Moser in Berlin.
Tipps GetYourGuide*
Was sollte man über die Weine im Burgund wissen?
Hier haben wir alle Infos auch zu den Weinen, den wichtigsten Begriffen und Bezeichnungen zusammengestellt – kompakt und hoffentlich gut verständlich 😉 .
Wie viele Weine gibt es im Burgund?
Die burgundischen Weinberge sind äußerst vielfältig: Es gibt mehr als 100 Appellationen, 4.000 Winzer:innen und am Ende über 60.000 verschiedene Weine! Wie soll man da den eigenen Lieblingswein finden? Nun, einfach locker mal einige davon probieren!

Welche Rebsorten gibt es im Burgund?
Das Gute vorab: Ihr müsst euch keine zig Rebsorten merken. Denn im Burgund gibt es nur vier verschiedene Rebsorten, zwei rote und zwei weiße. Die Verteilung ist in etwa wie folgt:
Rote Trauben:
- 38 % Pinot Noir (bei uns als Spätburgunder bekannt)
- 9 % Gamay
Weiße Trauben:
- 45 % Chardonnay
- 6 % Aligoté
Gut, da fehlen zum vollen Hundert noch 2 Prozent: Es gibt tatsächlich auch noch einige wenige andere Sorten, aber die muss man sich jetzt hier nicht merken.
Gibt es Cuvées im Burgund?
Ja, aber nur wenige. Solche cuvées (im Französischen nennt man das assemblages) aus verschiedenen Rebsorten wie z. B. die Weine aus Bordeaux findet man selten. In der Regel werden so gut wie alle Weine aus den reinen Traubensorten hergestellt.
Was bedeutet terroir im Burgund?
Terroir meint die Erdschichten, die das Meer nach vielen Millionen Jahren hier hinterlassen hatte. Durch die Erosion haben sich die verschiedenartigsten Böden aus den Hauptkomponenten aus dem mineralienreichen Jurakalk, aus Mergel, Lehm, Granit und Schiefer gebildet. Hinzu kommen noch die besonderen klimatischen Bedingungen der Bourgogne, halbkontinentales Klima mit kalten Wintern und heißen Sommern.
Terroir ist ein typisch französisches Wort und schwer zu übersetzen – es umfasst Boden, Klima, Lage, Sonnenstunden, Hangneigung, ja sogar Mikroorganismen im Erdreich! All das beeinflusst den Charakter des Weins. Ein Pinot Noir aus einem Lehm-Kalk-Boden schmeckt eben anders als einer aus Granitboden, selbst wenn Rebsorte und Jahrgang gleich sind.
Was ist ein Climat?
Climat ist ein Mikro-terroir. Die burgundischen Weinberge bilden einen Flickenteppich aus kleinen Parzellen, den climats. Diese sind kleine, genau definierte Weinbaugebiete, die oft seit Jahrhunderten benannt und abgegrenzt sind und von denen jedes eine anerkannte und identifizierte Qualität hat. Jedes climat wird durch eine bestimmte Steigung, eine einzigartige Lage, eine ursprüngliche geologische Natur, ein eigenes Mikroklima oder durch die Fertigkeit der Winzer:innen definiert. In nur wenigen Hundert Metern Entfernung kann also dieselbe Appellation einen ganz unterschiedlichen Wein hervorbringen.
“Wenn man in Burgund von einem climat spricht, hebt man seine Augen nicht zum Himmel, sondern senkt sie auf den Boden.” Bernard Pivot.
Was bedeuten die Appellationen?
Appellation heißt im Grunde nur Name oder Bezeichnung im Deutschen. Bei Weinen meint es im übertragenen Sinne ein Anbaugebiet mit fest umrissenen Grenzen und besonderen Charakteristika. Die burgundischen Weinberge sind in 4 Appellationsebenen unterteilt:
1. Appellation Régionale
Diese Weine werden in den gesamten Burgunder Weinbergen produziert. Sie sind leicht an ihrem Namen zu erkennen, der (fast) immer die Bezeichnung Burgund (Bourgogne) enthält: Crémant de Bourgogne, Bourgogne Aligoté, Bourgogne Côte Chalonnaise …
Die regionalen Bezeichnungen machen mehr als die Hälfte der Produktion von Burgunderweinen aus. Sie sind auch die preisgünstigsten Weine.
2. Appellation Village
Diese Weine werden auf den terroirs der Weindörfer produziert, die den Weinen ihre Namen geben. Im Burgund gibt es insgesamt 45 appellation village.
3. Appellation Premier Cru
Diese Weine werden auf genau abgegrenzten Rebparzellen, den climats mitten in einem Dorf hergestellt. Einer von zehn Weinen wird unter dieser Bezeichnung hergestellt: Mercurey 1er Cru, Givry Premier Cru …
4. Appellation Grand Cru
Diese Weine kommen aus den besten climats der Dörfer. Obwohl diese Grand Crus nur 1,5 % der Weinproduktion der Region ausmachen, sind sie die bekanntesten Burgunder-Weine – und die teuersten!
Wer sich mehr dafür interessiert, findet auf der Seite Vins Bourgogne interaktive Karten mit einer sehr schönen Übersicht über die einzelnen Appellationen.
Welche Arten von Weinproben gibt es?
Im Burgund und auch anderswo stehen verschiedene Arten der Verkostung zur Auswahl:
- Einfache Verkostung: 2 bis 4 Weine, meist nur die Weine einer Domaine, im Prinzip eine Verkaufsveranstaltung der Winzer.
- Thematische Verkostung: Zum Beispiel nur Grands Crus, rund um die climats eines Weinbaugebiets im Burgund, Bio-Weine, in Verbindung mit regionalen Speisen und Traditionen oder die Wahl des passenden Weins zum Essen …
- Horizontale Verkostung: mehrere Weine einer gleichen Appellation und des gleichen Jahrgangs. So kann man die Besonderheiten eines terroirs, seiner Rebsorten und der Lagen entdecken.
- Vertikale Verkostung: der gleiche Wein, aus der gleichen Appellation, vom gleichen Weingut und aus der gleichen Rebsorte, aber mit verschiedenen Jahrgängen. So kann man lernen, einen jungen von einem reifen Wein zu unterscheiden. Alternativ auch die Unterschiede zwischen einem durchschnittlichen, einem guten und einem Spitzen-Jahrgang.
Weinverkostung im Burgund – ein Erlebnis für alle Sinne
Eine Weinverkostung im Burgund ist wie ein kleiner Spaziergang durch die Geschichte Europas im Glas. Ihr lernt nicht nur viel über Wein, sondern auch über das Leben, die Böden und die Leidenschaft der Menschen, die diesen Wein erzeugen. Ob ihr schon viel Ahnung habt oder einfach neugierig seid: Ihr werdet mit einem Lächeln und ein paar Flaschen im Kofferraum wieder nach Hause fahren – und vielleicht mit einer ganz neuen Wertschätzung für das, was in eurem Glas schimmert.
Siegbert Mattheis
Siegbert Mattheis, Jahrgang 1959, ist seit seinem ersten Italienaufenthalt 1977 vom mediterranen Lebensgefühl begeistert. Seitdem bereist er mehrmals im Jahr die Länder rund um das Mittelmeer. Nach seinen Studien Kommunikationsdesign, Philosophie, Wissenschaftstheorie und Kunstgeschichte gründete er eine Werbeagentur, die er seit 1998 gemeinsam mit seiner Frau Claudia Mattheis führt. 2002 bauten beide gemeinsam Ambiente–Mediterran.de auf, das inzwischen größte Lifestyle-Magazin rund um die mediterrane Kultur. Darüber hinaus ist er Fachjournalist und Fotograf, begeisterter Hobbykoch und Liebhaber stilvoller Einrichtung. Gründliche Recherche und Liebe zum Detail gehören zu seinen Leidenschaften. Mit seiner Frau lebt er in Berlin Prenzlauer Berg. Dort baut er auch mit dem Verein “Weingarten Berlin e.V.” den Berliner Riesling an 😉