Das Gerberviertel in Marrakesch, Les Tanneries, ist zwar schon sehenswert, aber sogenannten Führern, den Guides, begegnen Sie allerdings am besten mit größter Vorsicht!
Generell versuchen gerade rund um die Souks meist junge Männer, Touristen, die sich offenbar in den vielen Gassen verlaufen haben, den Weg zu weisen und dafür einige Dirhams zu ergattern. Das ist an sich nicht verwerflich, aber es gibt viele Fälle, in denen Sie solche Guides bewusst in eine falsche Richtung führen und dann Geld erpressen, um Sie wieder herauszuführen. Oder Sie in einen Teppichladen schleppen, wo Sie dann zum Kauf genötigt werden. Speziell im Gerberviertel gibt es zudem mafiöse Strukturen, wie wir erfahren haben.
Marrakesch Führer mit System
Das System, so wie wir es kennengelernt haben, läuft in etwa folgendermaßen ab: Sie werden freundlich von einem jungen Mann angesprochen und darauf hingewiesen, dass übrigens gerade heute die Berber aus dem hohen Atlas in der Stadt seien und ihre Felle gerben, das sollten Sie sich unbedingt ansehen. Es wäre nicht weit, nur hier die Straße entlang und dann rechts. Dann lässt er Sie allein. Wenn er merkt, dass Sie in die Richtung gehen, kommt er kurze Zeit später mit dem Moped wie zufällig noch vorbei, winkt freundlich und bleibt vor Ihnen an einer Haustür stehen, als ob er dort wohnen würde. Er könne Sie leider nicht begleiten, aber hier – wie zufällig kommt ein Freund vorbei – sein Freund könne Ihnen den Weg zeigen, er müsse sowieso dorthin. Der Freund fragt freundlich, woher Sie kämen, er kennt alle deutschen Fußballklubs und bemerkt auch, nein, er wäre kein Guide, er wolle auch kein Geld.
Über ein paar Gassen führt er Sie zum Eingang des Gerberviertels. Er zeigt Ihnen einen scheinbar vertrauenswürdigen älteren Herrn, der Sie ebenfalls freundlich empfängt und der auch etwas Deutsch kann. Der drückt Ihnen gleich einen Strauß Minze in die Hand, um den starken Geruch des Ammoniaks zu übertünchen.
Mafiöse Strukturen
Der freundliche ältere Herr führt Sie durch das Gerberviertel und erklärt den Gerbvorgang. Hier seien zwar leider keine Fotos erlaubt, aber später könnten wir von oben aus einem Café ohne Weiteres fotografieren. Danach nimmt er Sie mit zum anderen Teil der Tanneries und führt Sie ebenfalls herum. Anschließend steigt er mit Ihnen hinauf ins „Café“, das sich als Verkaufsraum für Lederwaren aller Art entpuppt. Ganz oben haben Sie tatsächlich einen guten Überblick und können Fotos machen. Wenn Sie dann aber gehen wollen, wird der Ton etwas rauer. Der vorher freundliche Mann bedeutet Ihnen, sich in eine Ecke zu setzen und führt seine Lederwaren vor, Poufs aus Ziegen- oder Kamelleder. Wenn Sie ihm bedeuten, dass Sie vielleicht nichts kaufen wollen, wird er aggressiver. Spätestens dann sollten Sie nach draußen gehen. Vielleicht wollten Sie ihm für seine Führung die üblichen 20 bis 30 DH (etwa 2 bis 3 Euro) geben. Er verlangt jedoch 200 DH (etwa 20 Euro), was eindeutig zu viel ist. Er appelliert an Ihr Mitleid und erzählt Ihnen etwas von seiner armen Kooperative.
Zücken Sie niemals das Portemonnaie, am besten haben Sie einige Dirhams als Münzen der Tasche. Wenn er zu aufdringlich wird und sich auch evtl. andere Komplizen drohend auf der Straße dazugesellen, (wie viele auf Tripadvisor berichten) sollten Sie mit der Polizei drohen und ggf. die Nummer der Polizei wählen.
Wir selbst konnten ihn nach langem Feilschen mit immerhin 100 DH und dem Hinweis, dass wir Journalisten wären, abspeisen und loswerden.
Zum Schluss konnten wir noch ein Selfie mit ihm machen. Dass ihm das unangenehm war, ist ihm auf dem Foto anzusehen. Hüten Sie sich also vor dieser Mafia. Denn es ist eine kriminelle Bande, die speziell in den Tanneries tätig ist, wie uns später in unserem Riad erklärt wurde.
Siegbert Mattheis
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