Ein Bidet findet ihr in nahezu jedem Hotelbadezimmer oder im Bad einer guten Ferienwohnung im Mittelmeerraum. Aber viele sind sich unsicher hinsichtlich der Benutzung dieses niedrigen “Waschbeckens”. Wie auch ich, als ich mit 19 Jahren staunend das erste Mal in Italien ein Bidet entdeckt hatte. Wie benutzt man also ein Bidet und was sind die Vorteile?
Was ist ein Bidet?
Ein Bidet ist quasi ein niedriges Waschbecken bzw. eine Dusche für die Reinigung des Intimbereichs und sieht einer Toilettenschüssel ähnlich.
Wie benutzt man ein Bidet?
Nach dem Toilettengang wäscht man sich den Intimbereich, indem man sich auf das Bidet setzt, sich darüberstellt oder halb in die Hocke geht und sich mit dem Wasserstrahl reinigt. Alternativ dazu könnt ihr auch das Bidet voll laufen lassen und einen Waschlappen zu Hilfe nehmen. Ob man sich dabei mit dem Gesicht zur Wand setzt oder umgekehrt wie auf eine Toilette, ist egal. Jedenfalls ist es wesentlich hygienischer und umweltfreundlicher, als Toilettenpapier zu benutzen. Seife sollte dabei nicht zu oft oder zuviel benutzt werden, da gerade parfümierte Seife die empfindliche Haut im Genitalbereich reizt. Ein gute Alternative ist übrigens die originale Savon de Marseille, die nur aus Olivenöl und Pottasche hergestellt wird, ohne irgendwelche chemischen Zusätze.
Wie sinnvoll ist ein Bidet?
Ein Bidet im eigenen Badezimmer nimmt zwar etwas mehr Platz in Anspruch, sorgt aber für eine deutlich bessere Hygiene im Intimbereich. Und im stylish modernen Design, im mediterranen oder Vintage-Stil mit klassischen Armaturen und den französischen Aufschriften chaud und froid (oder italienisch caldo und freddo) ist es sogar ein Eye-Catcher.
Was kostet ein Bidet?
Bidets brauchen lediglich einen Wasseranschluss und -ablauf. Sie sind schon ab etwa 100 Euro zu haben. Luxusmodelle können schon mal bei über 1.000 Euro liegen.
Welche Vorteile hat ein Bidet?
Ein Bidet bietet mehrere Vorteile, vor allem in Bezug auf Hygiene und Gesundheit. Es ermöglicht eine gründlichere Reinigung des Intimbereichs mit Wasser statt Toilettenpapier, was Irritationen und Infektionen vorbeugen kann. Zudem ist es oft eine komfortablere und schonendere Option, besonders bei empfindlicher Haut oder bestimmten gesundheitlichen Problemen. Auch für die Umwelt ist ein Bidet vorteilhaft, da es den Verbrauch von Toilettenpapier reduziert.
Vorteile im Detail:
- Hygiene: Wasser reinigt gründlicher als Toilettenpapier und entfernt Bakterien und Keime effektiver.
- Hautfreundlichkeit: Die sanfte Reinigung mit Wasser ist schonender für die Haut und kann Irritationen und Juckreiz reduzieren.
- Gesundheit: Bidets können bei Hämorrhoiden, Hautausschlägen, während der Menstruation oder bei körperlichen Einschränkungen hilfreich sein.
- Umweltfreundlichkeit: Reduzierter Toilettenpapierverbrauch schont Ressourcen, spart Kosten und reduziert Müll.
- Komfort: Viele Menschen empfinden die Reinigung mit Wasser als angenehmer und erfrischender.
- Vielseitigkeit: Ein Bidet kann man auch gut zur Fußwäsche zwischendurch nutzen.
Was bedeutet Bidet?
Kurioserweise heißt bidet übersetzt kleines Pferd. Aber das macht Sinn, wenn man sich Bilder von den ersten Intimwaschbecken ansieht. Denn das Gestell war aus Holz mit Beinen mit einem erhöhten Aufsatz für die Waschutensilien, der aussah wie der Hals eines Pferdes. Und genau wie auf einem Pferdchen setzt man sich rittlings darauf.
Die erste bekannte bildliche Darstellung eines Bidets stammt aus dem Jahr 1741. Auf dem Gemälde „La toilette intime“ von Louis-Léopold Boilly ist eine solches „kleines Pferd“ zu sehen.
Wie spricht man Bidet aus?
Ausgesprochen wird es bideeh mit Betonung auf der letzten Silbe, das t wird nicht mitgesprochen.
Woher stammt das Bidet?
Die ersten Bidets entstanden im 17. Jahrhundert in Frankreich. Vermutlich wurden die ersten „meubles des toilettes“ zu Zeiten des Königs Louis Quinze (Ludwig XV) )populär. Madame de Pompadour, die Geliebte des Königs, besaß jedenfalls ein Bidet.
Völlig selbstverständlich in den mediterranen Ländern
In Italien, Spanien, Südfrankreich oder in Griechenland verfügt nahezu jeder Haushalt über ein Bidet. Auch im Orient und in Asien ist ein Bidet weit verbreitet.
In Deutschland hingegen nutzen nur 3 % dieses Waschbecken für den Intimbereich. Etwas mehr sind es in der Schweiz und in Österreich.
In Großbritannien jedoch nutzen es noch weniger Menschen und in den USA sind Bidets vollkommen verpönt. Aber das hat sich nach der Pandemie geändert, siehe unsere Fun Facts weiter unten 😉
Warum sind Bidets bei uns so unbekannt?
Das hat sowohl geschichtliche als auch religiöse Gründe:
Historische Gründe
Eigentlich war die Reinigungs- und Badekultur schon in der Antike in Ägypten, Griechenland und im römischen Reich weit verbreitet und hochentwickelt. Es gab ausgeklügelte Wasserleitungssysteme, Fußbodenheizung und vieles mehr. Reiche Römer besaßen bereits eine eigenes privates Badezimmer, was im restlichen Europa erst 2.000 Jahre später zum Standard wurde.
Durch den Zerfall des römischen Reiches, der Völkerwanderung und durch die Eroberungszüge der Goten wurden viele dieser Wasserleitungen und öffentlichen Bäder jedoch unwiederbringlich zerstört und das Wissen darum ging in Mitteleuropa verloren. Nur im Byzantinischen Reich und in Arabien überlebte die hygienische Badekultur. Die Hamams, die türkischen Bäder sind ein beredtes Zeichen dafür.
Die Araber führten um 800 v. Chr. mit der Eroberung großer Teile der iberischen Halbinsel die Bade- und Reinigungskultur zumindest im heutigen Spanien und Portugal wieder ein. Der Rest des nördlichen Europa versank hingegen im Schmutz.
So berichtete ein Gesandter von Kalif Al-Hakam II. aus Cordoba an seinen Herrn im Jahr 973 über die mittel- und nordeuropäische Bevölkerung:
„Aber du siehst nichts Schmutzigeres als sie! Sie reinigen und waschen sich nur ein- oder zweimal im Jahr mit kaltem Wasser. Ihre Kleider aber waschen sie nicht, nachdem sie sie angezogen haben, bis dass sie in Lumpen zerfallen.“
Religiöse Gründe
In den christlichen Ländern wurde schon früh das Baden als Zeichen der Verweichlichung und des Luxus’ abgelehnt. Der einflussreiche Kirchenlehrer Augustinus erklärte zum Beispiel:
“Ein Bad pro Monat sei gerade noch mit dem christlichen Glauben zu vereinbaren. Mönche sollten am besten überhaupt nur vor Ostern und Weihnachten in die Wanne steigen.”
Während später die katholisch geprägten Länder dennoch relativ gelassen mit der Sexualität und dem Intimbereich umgingen – wenngleich gepaart mit einer kirchlich sanktionierten Doppelmoral – waren die protestantisch und puritanisch geprägten Länder (wie die Schweiz, Deutschland, die Niederlande, Großbritannien und später die USA, wohin viele Puritaner auswanderten) weitaus rigoroser und es entstand ein Tabu, das bis heute andauert. Denn der Calvinismus und der Puritanismus des 16. und 17. Jhdts. sahen den Menschen als von Grund auf schlecht an, der sich nur durch wahren Glauben, reine Lehre und Askese eines besseren Lebens im Jenseits würdig erweisen konnte. Aus dieser Überzeugung heraus entstammte übrigens auch der bei uns so vielbeschworene Satz “Erst die Arbeit, dann das Vergnügen”, der in südlichen Ländern völlig unbekannt ist 😉 .
Ein Merkmal der asketischen Lebensweise waren u.a. der Verzicht auf Kosmetika und Körperpflege wie auch das Gebot der sexuellen Enthaltsamkeit. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass in den protestantischen Ländern alleine schon der Anblick des Bidets, das explizit an die Geschlechtsorgane denken lässt, Puritaner schaudern liess. So konnte sich ein solches “meuble de toilette” hierzulande nicht etablieren.
Fun Facts
Frankreich
Eine Freundin aus Paris erzählte, dass aber auch viele im Land der Erfindung des Bidets heute nicht mehr wissen, was man damit anfängt. Sie waschen ihre Füße darin oder weichen ihre Wäsche darin ein. Sie hatten zwar mit dem Bidet ihrer Kindheit gelebt, wurden aber offenbar nie ihren Eltern aufgeklärt 😉
USA nach dem Zweiten Weltkrieg
Ein anderer Grund für die skeptische Haltung gegenüber Bidets in den USA ist, dass amerikanische Soldaten während des Zweiten Weltkriegs das erste Mal in Kontakt mit Bidets kamen – sie entdeckten sie nämlich in Bordellen. Nach ihrer Rückkehr in die USA lehnten sie das Bidet aufgrund der damit verbundenen Assoziationen ab.
USA nach der Pandemie
Als in den USA während der Pandemie die Ängste wuchsen, dass eine Toilettenpapierknappheit drohen könnte, entdeckten laut CNN auch die Amerikaner:innen das Bidet. Die Umsätze stiegen um mehr als 30 Prozent und ein Ende ist derzeit nicht abzusehen.
Google hatte als eine der ersten Firmen Bidets
Die höheren Kosten für ein Bidet in den USA waren ebenfalls ausschlaggebend für eine Zurückhaltung der Nutzung. Google – wo Geld keine Rolle spielt – stattete seinen Hauptsitz in Kalifornien mit High-Tech-Bidets für Mitarbeiter:innen ausgestattet.
Bidets und Dusch-WCs heute
Während das ursprüngliche Bidet kaum mehr als eine separate Schüssel mit Wasser war, können die heutigen Bidets je nach Modell Trockenwerkzeuge, unterschiedliche Temperaturen, Desodorierungsfunktionen und mehr umfassen.
Ein Bidet bietet Komfort und Hygiene
Ob klassisch, modern oder integriert im Dusch-WC: Die Anwendung ist unkompliziert, der Effekt überzeugend. Ein Bidet ist mehr als nur ein Relikt alter Bäderkultur. Es verbindet Wohlgefühl mit Hygiene – und bringt ein kleines Stück mediterranen Lebensstil ins eigene Zuhause.
Siegbert Mattheis
Siegbert Mattheis, Jahrgang 1959, ist seit seinem ersten Italienaufenthalt 1977 vom mediterranen Lebensgefühl begeistert. Seitdem bereist er mehrmals im Jahr die Länder rund um das Mittelmeer. Nach seinen Studien Kommunikationsdesign, Philosophie, Wissenschaftstheorie und Kunstgeschichte gründete er eine Werbeagentur, die er seit 1998 gemeinsam mit seiner Frau Claudia Mattheis führt. 2002 bauten beide gemeinsam Ambiente–Mediterran.de auf, das inzwischen größte Lifestyle-Magazin rund um die mediterrane Kultur. Darüber hinaus ist er Fachjournalist und Fotograf, begeisterter Hobbykoch und Liebhaber stilvoller Einrichtung. Gründliche Recherche und Liebe zum Detail gehören zu seinen Leidenschaften. Mit seiner Frau lebt er in Berlin Prenzlauer Berg.