Die Karawanserei in Nikosia: ein Hauch von Orient

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Ein Hauch von Orient und Tausendundeiner Nacht: Die Karawanserei Büyük Han (deutsch: Große Herberge oder Wirtshaus) in Nikosia (auf türkisch Lefkoşa) auf Zypern, gilt als eines der schönsten Gebäude der Insel und ist vermutlich das älteste türkische Gebäude dort.

Wir hatten sie eher durch Zufall entdeckt, nachdem wir die skurrile Grenze passiert hatten, die den griechischen vom türkischen Teil Zyperns trennt. Wir waren einige hundert Meter durch das von Touristen zum billigen Einkauf genutzte Ladenviertel gelaufen, als eine graue Katze unsere Beine schnurrend umstreifte. Sie strebte dann zielgerichtet auf ein unscheinbares, halb geöffnetes Tor in einer großen Mauer zu und wir folgten ihr. Und standen unvermittelt in der Karawanserei unter wuchtigen Kolonnaden mit Kreuzgewölbe.

Ein großer, quadratischer Innenhof öffnete sich vor uns, in der Mitte ein achteckiges, kleines Gebäude auf Säulen mit einer Kuppel, eine ehemalige Moschee bzw. ein Bethaus. Ein zarter Duft von orientalischen Gewürzen umwehte uns.

Der große Innenhof mit der kleinen Moschee in der Mitte © Siegbert Mattheis
Der große Innenhof mit der kleinen Moschee in der Mitte © Siegbert Mattheis
Beeindruckendes Kreuzgewölbe in der Karawanserei © Siegbert Mattheis
Beeindruckendes Kreuzgewölbe in der Karawanserei © Siegbert Mattheis
Die gehäkelte Open Air Installation von Peace2Peace © Siegbert Mattheis
Die gehäkelte Open Air Installation von Peace2Peace © Siegbert Mattheis

Unter den Kreuzgewölben der unteren Etage fanden wir neben Souvenirgeschäften eine Teestube und ein Restaurant gleich rechts vom Eingang. Dort führten einige ältere Männer eine lebhafte Diskussion, einige Tische weiter drehte sich ein junger Türke mit Basecap und großen Kopfhörern in Ruhe eine Zigarette.

Im oberen Stockwerk, das man über zwei symmetrisch angeordnete Steintreppen erreicht, entdeckten wir ähnlich einem kleinen Bazar viele Läden, die alle möglichen Produkte anboten. Von Olivenölseifen, Kräutern, getrockneten Paprika- und Knoblauchzöpfen über Antiquitäten und Stoffe, Kunsthandwerk, Töpferwaren und natürlich auch andere Souvenirs ist hier alles vertreten.

Bei unserem Besuch lief gerade eine Open Air Kunstinstallation Peace2Peace von griechischen und türkischen zyprischen Frauen, die mit gehäkelten Objekten für die friedliche Koexistenz beider Teile Zyperns warb.

Mächtige Kolonnaden mit Kreuzgewölbe reihen sich um den quadratischen Innenhof © Siegbert Mattheis
Mächtige Kolonnaden mit Kreuzgewölbe reihen sich um den quadratischen Innenhof © Siegbert Mattheis
Entspannung in der Teestube © Siegbert Mattheis
Entspannung in der Teestube © Siegbert Mattheis
Gittergeländer von 1934 © Siegbert Mattheis
Gittergeländer von 1934 © Siegbert Mattheis

Die Geschichte der Karawanserei Büyük Han

Die Karawanserei wurde 1572, ein Jahr nachdem die Osmanen Zypern von den Venezianern erobert hatten, unter Muzaffer Pascha, dem ersten osmanischen Gouverneur Zyperns, nach dem Vorbild der Karawanserei Koza Han in Bursa errichtet. Bursa war zur damaligen Hauptstadt des Osmanischen Reiches und Zentrum der Hamamtuchindustrie.

Ursprünglich war die Karawanserei als Yeni Han, “das neue Gasthaus”, bekannt. Es wurde auch Alanyalılar Hanı genannt, “das Gasthaus derer aus Alanya”, da es von Händlern aus Alanya besucht wurde. Als jedoch im 17. Jhdt. der kleinere Kumarcilar Han gegenüber dem Asmaaltı Platz gebaut wurde, nannte man die Karawanserei “der Große Gasthof” (Büyük Han).

Nach der Übernahme Zyperns durch die Briten im Jahre 1878 wurde die Karawanserei zwischen 1892 und 1903 als Zentralgefängnis von Nikosia genutzt. Danach wurde sie wieder als Gasthaus genutzt. Zwischen 1947 und 1962 jedoch wurde sie ein Zufluchtsort für arme Familien, die hier billig Zimmer mieten konnten.

1963 begann die Restaurierung der Karawanserei. Die Südkolonnade wurde komplett abgerissen und die Südwestecke ohne Rücksicht auf den Stil des Originals wieder aufgebaut. Nach den Ereignissen von 1963, als Teile der Armee einen Anschluss Zyperns an Griechenland durchsetzen wollten, was später zur bis heute andauernden Teilung der Insel führte, wurde die Restaurierung für einige Jahre unterbrochen. Erst 1992 wurden die umfangreichen Renovierungsarbeiten wieder begonnen und im Jahr 2002 wurde die Karawanserei in ihrem ursprünglichen Stil für Besucher wiedereröffnet und ist gilt heute als eines der schönsten Gebäude der Insel.

Viele kleine Läden bieten alle möglichen Mitbringsel an © Claudia Mattheis
Viele kleine Läden bieten alle möglichen Mitbringsel an © Claudia Mattheis
Blöcke aus Olivenölseife © Siegbert Mattheis
Blöcke aus Olivenölseife © Siegbert Mattheis
Im oberen Geschoss finden sich viele kleine Geschäfte mit Kunsthandwerk © Siegbert Mattheis
Im oberen Geschoss finden sich viele kleine Geschäfte mit Kunsthandwerk © Siegbert Mattheis
Knoblauchzöpfe an der Wand
Dekorative Knoblauchzöpfe © Siegbert Mattheis
Johannisbrot © Siegbert Mattheis
Johannisbrot © Siegbert Mattheis

Was ist eine Karawanserei?

Eine Karawanserei ist eine Station auf den Wegen der Karawanen, die Güter aus dem Orient ans Mittelmeer brachten und andere Importe wieder zurück nahmen. Sie entstanden Ende des 10. Jhdts. entlang der alten Handelsrouten wie der Seidenstraße von Asien zum Mittelmeer und der Weihrauchstraße aus dem südlichen Arabien zum Mittelmeer.

Karawansereien sind jeweils etwa 30 bis 40 km voneinander entfernt, das entsprach damals einem Tagesmarsch. Eine Karawanserei bestand aus einem von hohem Mauern umgebenen, zweistöckigen Gebäudekomplex um einen etwa quadratischen Innenhof angeordnet. In den unteren Räumen gab es Ladenlokale und ein Wirtshaus sowie Ställe für die Tiere. Das obere Stockwerk bot Übernachtungsräume für die Gäste. Fenster gab es lediglich in den oberen Zimmern, so wurde es Dieben erschwert, die kostbaren Handelsgüter zu entwenden. In der Regel gab es auch nur einen einzigen, relativ kleinen Eingang zur Karawanserei.
So glichen sie kleinen Festungen, die den Handelsreisenden über Nacht Schutz, Verpflegung und Unterkunft boten.

Woher kommt der Name Karawanserei?

Das Wort Karawanserei stammt aus der persischen Sprache Farsi kārwānsarā. Aus kārvān für Reisegesellschaft und sarā für Hof. Im Türkischen nennt man sie kervansaray.

Siegbert Mattheis

Antiquitäten in der Karawanserei © Siegbert Mattheis
Antiquitäten in der Karawanserei © Siegbert Mattheis
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