Livorno, die Hafenstadt in der Toskana, wird oft unterschätzt. Viele fahren einfach daran vorbei, dabei hat die Stadt einiges an Sehenswürdigkeiten zu bieten! Hier erfahrt ihr, was ihr in Livorno sehen und erleben könnt – inklusive Geheimtipps, die nicht jeder kennt.
Was macht Livorno besonders?
Livorno ist keine typische Touristenstadt wie Florenz oder Pisa, sondern ein lebendiger Küstenort mit echtem toskanischen Flair. Die Stadt hat eine spannende Geschichte, wunderschöne Kanäle, eine tolle Esskultur und einen der größten Häfen Italiens. Allerdings wurde Livorno im Zweiten Weltkrieg von den Alliierten heftig bombardiert und vieles zerstört. Daher seht ihr auch in der Altstadt viele Bauten aus den 1950er-Jahren. Dennoch fügen sich diese einigermaßen harmonisch ins Stadtbild ein.
Welche Sehenswürdigkeiten sollte man in Livorno nicht verpassen?
Kleine Kanäle wie in Venedig, zwei wuchtige Festungen, eine der schönsten Terrassen am Meer, großartige Palazzi und Villen aus der Belle Époque, das sind nur einige der beeindruckendsten Sehenswürdigkeiten:
1. Venezia Nuova
Das historische Viertel Venezia Nuova wurde im 17. Jahrhundert angelegt und erinnert stark an eine kleine “Mini-Version” von Venedig. Hier könnt ihr romantische Brücken und stille Gassen entdecken oder eine Bootstour durch die Kanäle machen. Besonders am Abend ist es wunderschön, wenn die Lichter sich im Wasser spiegeln.
2. Mercato Centrale
Der Mercato Centrale von 1894 zählt zu den schönsten und größten Markthallen Italiens. Die Livorneser nennen ihn auch gerne den “Louvre von Livorno” wegen seiner faszinierenden Architektur aus Stahl, Glas und Eisen. Besonders vormittags herrscht ein geschäftiges Treiben. Hier gibt es frisches Obst, Gemüse, Fleisch, Käse und lokale Spezialitäten. Frischen Fisch und Meeresfrüchte findet ihr in einer der Seitenhallen.
Tipp: Wenn ihr vormittags da seid, holt euch zum Frühstück einen Cappuccino und dazu gefüllte Aragostine (Blätterteigtaschen, Sfogliatelle) in einem der Cafés direkt in der Markthalle und genießt die Atmosphäre. Ansonsten könnt ihr hier auch die typischen Livorneser Spezialitäten probieren. Cacciucco, einen Fischeintopf; 5e5, ein Sandwich mit Kichererbenfladen oder Ponce alla Livornese, einen Kaffee-Cocktail.
3. Terrazza Mascagni
Die Terrazza Mascagni ist eine große, elegante Uferpromenade mit einem Schachbrettmuster aus weißen und schwarzen Fliesen. Hier treffen sich Familien, Jogger, Pärchen und Selfie-Fans. Der Blick aufs Meer ist spektakulär – besonders zur goldenen Stunde.
Tipp: Eis holen bei der Gelateria Caprilli in der Nähe – hausgemacht und legendär.
4. Fortezza Nuova
Die Fortezza Nuova vom Ende des 16. Jahrhunderts ist eine beeindruckende Festung aus der Renaissancezeit. Heute ist sie eine grüne Oase inmitten der Stadt. In den Gewölbekellern im Inneren finden viele Veranstaltungen und Ausstellungen statt.
5. Monumento ai quattro Mori
Das „Denkmal der vier Mauren“ von 1626 ist das Wahrzeichen der Stadt. Es besteht aus einer steinernen Statue des Großherzogs Ferdinand I. und vier Bronzefiguren, die gefangene Piraten (Sarazenen) in Ketten darstellen. Bemerkenswert ist die anatomische Genauigkeit, die den qualvoll gekrümmten Körpern eine besondere Ausdrucksstärke verleiht.
Das Denkmal drohte jedoch während der französischen Invasion von Livorno im März 1799 zerstört zu werden. Denn die Franzosen waren nach der französischen Revolution offenbar von den Idealen der Freiheit und sozialen Gleichheit beseelt und sahen in den angeketteten Mauren ein Symbol der Unterdrückung und Tyrannei. Dennoch konnte das Werk gerettet werden.
Tipp: Es soll Glück bringen, wenn man die Statue aus einem Blickwinkel sieht, bei dem man alle Nasen der vier Figuren gleichzeitig sehen kann. Wo dieser Standpunkt ist, verrät eine kleine weiße Fliese, die die Stadt Livorno nach Erneuerung des Pflasters hat einfügen lassen 😉
7. Dom von Livorno
Die Kathedrale San Francesco, der Dom von Livorno, wurde zwischen 1594 bis 1606 errichtet und im 18. Jahrhundert erweitert. Durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg blieben nur noch die Außenmauern stehen. Danach wurde der Dom nahezu identisch nach Originalplänen wieder aufgebaut. Einige wertvolle Gemälde konnten gerettet werden und hängen erneut an ihrer alten Stelle im Inneren.
8. Geburtshaus von Amedeo Modigliani
Was wenige wissen: der berühmte Maler Amedeo Modigliani wurde 1884 in Livorno geboren. Er starb mit nur 35 Jahren in Paris an Tuberkulose. Sein Geburtshaus ist heute ein Museum, das ihr auf Anfrage besuchen könnt.
Dazu könnt ihr ein paar Tage vor eurem Besuchswunsch unter +39 3398560212 anrufen oder eine Mail schreiben an: amarantaservizi@gmail.com und auf eine Bestätigung der Inhaberin warten.
9. Synagoge von Livorno
Die Synagoge von Livorno, der frühere Tempio Maggiore aus dem Jahre 1602, stand sinnbildlich für die Offenheit der Stadt gegenüber allen Religionen. Denn zwischen 1590 und 1603 wurden die Leggi Livornine erlassen. Diese Gesetze sahen Immunität, Privilegien und Freiheiten für Händler jeglicher Herkunft vor, vor allem aber garantierten sie Glaubensfreiheit. Durch dieses Toleranzedikt wurde Livorno durch Ansiedlung verschiedener Bevölkerungsgruppen zu einer kosmopolitischen und multireligiösen Stadt.
Die Synagoge wurde durch die alliierten Bombenangriffe stark zerstört. Der italienische Architekt Angelo Di Castro entwarf einen neuen Bau am ursprünglichen Ort, eine gewagte und originelle Konstruktion aus Stahlbeton, die 1962 eingeweiht wurde. Dieses einzigartige Design unterscheidet sie von traditionellen Synagogenarchitekturen.
Um die Synagoge zu besuchen, muss man sich 3 Tage im Voraus mit dem Sekretariat der jüdischen Gemeinde in Verbindung setzen:
Telefon +39 0586 896290, Mail: comunitaebraica.livorno@gmail.com
10. Prachtvolle Villen in Ardenza
Am Südrand der Altstadt beginnt die Viale Italia, eine ab dem Jahr 1835 angelegte Promenade entlang der Küste. Besonders schön sind hier die Liberty-Villen im typischen italienischen Jugendstil und eklektizistischen Stil mit Erkern, Arkaden und Türmen. Sie zeugen vom einstigen Reichtum der Stadt im 19. Jahrhundert, als Livorno zu den führenden europäischen Zentren zählte. Einige der faszinierenden Villen sind heute als Hotels oder B&B-Unterkünfte umfunktioniert worden, einige stehen (noch) zum Verkauf.
Geheimtipps Essen und Trinken
Livorno hat einige typische Gerichte, die ihr nur hier bekommt, z.B.:
Cacciucco, Livornos Klassiker
Probiert unbedingt das typische Cacciucco alla Livornese – ein deftiger Fischeintopf mit Knoblauch und Tomaten. Gibt’s zum Beispiel sehr gut in der Ristopescharia Il Porto, in der Trattoria Antico Moro oder in der Cantina Senese, einer urigen Trattoria, wo ihr euch unter Einheimische mischt.
Ponce alla Livornese
In Livorno trinkt man keinen normalen Kaffee, sondern Ponce alla Livornese – ein starker Espresso mit Rum, Zucker, Zitrone und Zimt. Man trinkt ihn aus einer kleinen Tasse aus Glas, der Gottino.
Probiert ihn in einer traditionellen Bar, z. B. in der Bar Civili, einer Institution in Livorno, die dieses Getränk seit über 100 Jahren serviert! Ponce soll im Übrigen auch gut gegen Kopfschmerzen helfen 😉
Cinque e Cinque, 5e5
Das 5e5 ist ein Baguette, das mit gepfefferten Kichererbsenstücken gefüllt ist. In Livorno sagt man ‘torta di ceci’ oder nur torta dazu. Man trinkt dazu gerne eine Spuma Bionda, eine süffige, perlende Limonade. Der kuriose Name stammt aus den 1930er Jahren, als sowohl der Preis für Brot als auch für Kichererbsenfladen 5 Lira betrug. Der typische Satz des Verkäufers, als jemand Brot mit Fladen bestellte, war “kostet 5 und 5”, cinque e cinque.
Der Kichererbsenfladen selbst hat eine lange Tradition und soll einer Legende nach im Zuge der größten Seeschlacht des Mittelalters bei Meloria vor Livorno entstanden sein. Siehe auch die Socca aus Nizza.
Was kann man in Livorno machen?
Neben einem Bummel durch die geschichtsträchtige Stadt empfiehlt sich eine Bootsfahrt durch die Kanäle, ein Besuch im Aquarium von Livorno, ein Museumsbesuch, Baden an der wunderschönen Küste oder eine Fahrt mit der historischen Standseilbahn zum Wallfahrtsort Montenero.
Bootsfahrt durch die Kanäle
Eine Bootsfahrt durch die Kanäle von Nuova Venezia entlang der „Fossi Medicei“ gehört zum Must-do in Livorno. Die Strecke führt zu den charakteristischsten und verborgensten Orten der Stadt, u.a. 240 Meter unter einem großen Gewölbe hindurch in das malerische Viertel Ovosodo.
Aquarium von Livorno – Perfekt für Familien
Das Acquario di Livorno, direkt neben der Terrazza Mascagni gelegen, ist eines der modernsten in Italien und zeigt neben Haien, Schildkröten und Quallen auch viele faszinierende Meeresbewohner aus dem Mittelmeer.
Tipp: Die Panoramaterrasse des Aquariums bietet eine atemberaubende Aussicht auf die Küste, auf die Terrazza Mascagni und die Stadt.
Museo Civico Giovanni Fattori – Meisterwerke der Macchiaioli
Dieses Museum ist ein echter Geheimtipp für Kunstliebhaber! Es befindet sich in der eleganten Villa Mimbelli und zeigt Werke der Macchiaioli, einer toskanischen Künstlergruppe des 19. Jahrhunderts, die als Vorläufer des Impressionismus gilt. Der wunderschöne Garten der Villa lädt zudem zum Verweilen ein.
Bagni Pancaldi – der älteste Badeclub der Stadt
Wenn ihr ins Meer springen wollt, besucht das historische Strandbad Bagni Pancaldi. Es liegt direkt neben der Terrazza Mascagni. Seit 1846 ist es ein beliebter Ort für Einheimische, um in eleganter Atmosphäre zu schwimmen und zu entspannen.
Was kann man noch in Livorno unternehmen?
Von Livorno aus fahren die Fähren nach Elba, zur Insel Capraia und natürlich nach Sardinien Korsika oder Sizilien. Aber ihr könnt auch z.B. eine private Bootstour auf dem Arno nach Florenz unternehmen.
Wann ist die beste Reisezeit für Livorno?
Die beste Zeit für einen Besuch ist der Frühling oder der Spätsommer. Im Sommer kann es sehr heiß werden, aber das Meer bietet eine angenehme Abkühlung. Der Herbst ist perfekt für einen entspannten Städtetrip mit angenehmen Temperaturen.
Italienisch lernen?
Um tiefer in die italienische Kultur einzutauchen, hilft es, die Sprache etwas zu beherrschen. Bei Babbel.de * könnt ihr auf einfache und schnelle Art Italienisch lernen!
Wir können euch Livorno nur wärmstens empfehlen! Wir fanden die Stadt sehr authentisch.
Siegbert Mattheis
Siegbert Mattheis, Jahrgang 1959, ist seit seinem ersten Italienaufenthalt 1977 vom mediterranen Lebensgefühl begeistert. Seitdem bereist er mehrmals im Jahr die Länder rund um das Mittelmeer. Nach seinen Studien Kommunikationsdesign, Philosophie, Wissenschaftstheorie und Kunstgeschichte gründete er eine Werbeagentur, die er seit 1998 gemeinsam mit seiner Frau Claudia Mattheis führt. 2002 bauten beide gemeinsam Ambiente–Mediterran.de auf, das inzwischen größte Lifestyle-Magazin rund um die mediterrane Kultur. Darüber hinaus ist er Fachjournalist und Fotograf, begeisterter Hobbykoch und Liebhaber stilvoller Einrichtung. Gründliche Recherche und Liebe zum Detail gehören zu seinen Leidenschaften. Mit seiner Frau lebt er in Berlin Prenzlauer Berg.